Benya-Formel passé
Der aktuelle Handels-KV ist durch. Eigentlich wurde ja im Vorjahr ein Abschluss für 2025 und 2026 beschlossen, fürs 2026iger Jahr mit einem degressiven Anpassungsmodus: Je höher die rollierende Inflationsrate ausfällt, desto niedriger wird der Aufschlag auf diese. Bei einer rollierenden Inflation von 2,9%war bereits ein “Null-Aufschlag” vorgesehen und ab 3,0 Prozent ein Nachverhandeln ausgemacht. Jetzt ist klar, das degressive Inflations-Abgeltungsmodell wurde “weiterentwickelt”.
von Josef Stingl, stv. Bundesvorsitzender des GLB
Das Nachverhandlungsergebnis ist ein Schlag ins Gesicht der Handelsangestellten. Bei einer rollierenden Inflation knapp über der ominösen Drei-Prozent-Grenze gibt es jetzt mit einem Gehaltsplus von 2,55 Prozent sogar eine Minus-Gehaltswert-Anpassung. Wenn die gpa auf ihrer Homepage zu diesem Abschluss meint, dass damit mit diesem Abschluss “Stabilität und Planbarkeit gesichert wurden” hat sie insofern recht, dass es damit sowohl die Stabilität der Unternehmensprofite und die Planbarkeit einer negativen Gehaltspirale gibt. Darüber täuschen auch die kosmetischen Rahmenrecht-Verbesserungen nicht hinweg.
Der Handelsangestellten-Abschluss ist keine unrühmliche Ausnahme zu der vielzitierten “Benya-Formel” “Inflationsabgeltung plus halber Produktivitätsgewinn“. Seit einigen Jahren wurde aus der halben im besten Fall nur mehr eine minimale Produktivitätsabgeltung. Und jetzt wurde auch diese Minimal-Abgeltung – unter Mithilfe der Gewerkschaftsführung für obsolet erklärt. ÖGB- und EGB-Präsident Wolfgang Katzian meinte etwa in einem Interview, dass bei KV-Verhandlungen die rollierende Inflation die Verhandlungsgrundlage ist, es aber Ausnahmen mit helfenden Krisen-Abschlüssen geben darf.
Der Ausnahmen gab es heuer schon etliche, bei den Handelsangestellten, bei den Metaller:innen, im öffentlichen Dienst. Ein Einstieg in eine neue “Katzian-Formel” mit “Inflationsabgeltung minus eines Profitsicherungsabschlages”? Abgesehen davon, wem helfen diese Ausnahmen, den Lohnabhängigen beim Bestreiten ihrer Existenz oder den Unternehmen beim Befüllen ihrer Profitsäckeln? Holen wir uns eine Antwort mit einer Urabstimmung über die KV-Abschlüsse!
