Blaues Auge oder einfach ausgeknockt?
Die durchschnittliche Inflationsrate von August 2024 bis Juli 2025 wurde mit 2,7 Prozent errechnet. Um diesen Betrag werden Pensionen bis zu einer Höhe von 2.500 Euro angepasst, darüber hinaus gibt es einen Sockelbetrag von 67,50 Euro. Mit „wir wollten mehr, aber unsere Partner:innen ließen nicht mehr zu”, „die Mehrzahl bekommt den vollen Teuerungsausgleich” oder „unter anderer Konstellation wären die Verluste noch viel höher” so verteidigen die SPÖ-Granden ihre Zustimmung. Ob sie sich jedoch auch von schlechten Chirurg:innen schneiden lassen, nur weil es noch schlechtere gibt, ist zu bezweifeln!
Josef Stingl, stv. Bundesvorsitzender des GLB und Mitglied im Bundespensionist:innenvorstand des ÖGB
Stimmt die „Mit-einem-blauen Auge-davon-gekommen”-Argumentation? Betrachtet man nun die Pensionsanpassung 2026 im Gesamtkontext der sogenannten Budgetsanierung, dann muss man viel eher von einem Pensionist:innen-KnockOut sprechen. Denn die durchschnittliche „2,25-Prozent-Erhöhung” ergibt ein 350 Millionen Euro Minus bei den Pensionen. Dazu kommt die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrags mit einem Minus von 500 Millionen Euro, die für Pensionist:innen neugeschaffene E-CardGebühr mit ca. 65 Millionen Euro und die Aussetzung des dritten Drittels der Kalten Progression-Rückvergütung (ca. 70 Millionen Euro).
Zusätzlich wirkt sich der neue Selbstbehalt bei den Krankentransporten mit 19 Millionen Euro, bei dem aufgrund der im Alter öfters notwendigen Fahrten durchaus die Hälfte der Summe den Pensionist:innen zugeordnet werden kann, negativ auf die Geldtaschen der Senioren:innen aus. Im Durchschnitt wird durch diese „auf breiten Schultern verteilte Budgetsanierung“ jede:r Pensionist:in monatlich um 380 Euro ärmer „gespart”. Aber das ist noch immer nicht das Ende der Fahnenstange. Zusammen mit dem abgeschafften Klimabonus ist mit einem pro-Kopf-Minus von über 600 Euro an Kaufkraft zu rechnen – wohlgemerkt alles nicht einmal, sondern Jahr für Jahr.
Verschlechterungen im Pensionssystem
Die negative Differenz zwischen der tatsächlichen Pensionsanpassung und tatsächlicher Teuerungslast durch das Fehlen eines pensionsangepassten Warenkorbs ist noch gar nicht berücksichtigt. Ebenso wie die negativen Auswirkungen für künftige Pensionst:innen: Die Korridorpension kann erst ein Jahr später in Anspruch genommen werden und es kommt zur Wiedereinführung der Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung mit nur der Hälfte der Abgeltung der sich aus der Anwendung des Anpassungsfaktors ergeben würde.
Auch die vielgelobte Teilpension birgt Gefahren. Laut Stellungnahme der Arbeiterkammer kann es nach wortgetreuer Auslegung passieren, dass man bei einer Teilpensionsleistung und zwischenzeitlichem Arbeitsplatzverlust nicht mehr als arbeitslos gilt und so bei der Schwerarbeits-, bzw. Langzeitversichertenpension negative Auswirkungen entstehen.
Budgetsanierung oder Pensionist:innen-Bashing
Zeitgleich mit den Pensionist:innenBelastungen wird das Budget des Bundesheeres 2026 um 8,4 Prozent erhöht. Und nur einen Tag nach der Verkündung der negativen Pensionsanpassung fordert die „Bundesregierung-Sparwillen“ Verteidigungsministerin Tanner noch weitere zusätzliche Milliarden – für Langstrecken-Luftabwehrsysteme im Rahmen von SkyShield. Es geht also einmal mehr darum, die „unproduktive ältere Generation” zu beschneiden.
Die 2,6 Millionen Pensionist:innen sind alles andere als faul und unproduktiv. Der materielle Wert der ehrenamtlichen Arbeit, die oftmals von Pensionist:innen geleistet wird, wird in Österreich auf rund zehn Milliarden Euro jährlich geschätzt. Dazu kommen viele, viele Stunden kostenfreie Kinderbetreuung durch Oma und Opa. Das fördert enorm das soziale Gefüge und das Gemeinwohl unserer Gesellschaft.
Bleibt die Frage nach dem „Wie weiter?”. Etwas maulen, eine Pseudo-Demo vor dem Parlament, aber letztendlich „sozialpartnerschaftlich kuschen” oder sich endlich Anleihe für kräftige Protestbewegungen aus Frankreich, Belgien oder Griechenland holen.
(Die Arbeit Nr. 3/2025)
