Jeder Euro für Waffen ist einer, der für Soziales fehlt

Italienische Hafenarbeiter:innen protestieren, blockieren und bestreiken Waffentransporte nach Israel. Diese Proteste konzentrierten sich auf die Verweigerung des Beladens von Waffen und haben in Folge zu landesweiten Streiks in den Häfen, bei den Eisenbahnen und im öffentlichen Nahverkehr geführt. Oliver Jonischkeit hat für „Die Arbeit“ Cinzia Della Porta von der klassenorientierten Gewerkschaft und WGB-Mitglied Unione Sindacale di Base (USB) interviewt.

Die USB rief zu Protesten und Generalstreik auf. Warum und wie ist die Mobilisierung gelungen?

Cinzia: Wir akzeptieren keine Kürzungen bei Löhnen, öffentlichen Dienstleistungen und von Arbeitsrechten, während gleichzeitig der Staat Milliarden für Waffen und imperialistische Kriege investiert. Ebenso inakzeptabel ist die Komplizenschaft der italienischen Regierung am Völkermord am palästinensischen Volk. Die USB organisiert seit dem 7. Oktober Initiativen, Streiks und Demonstrationen für ein Ende des Völkermords und auch gegen Italiens institutionelle und kommerzielle Beziehungen zu Israel. In jüngster Zeit haben Arbeiter:innen Maßnahmen ergriffen, um die Waffenlieferungen in Häfen und Flughäfen zu verhindern.

Als die zivile „Global Sumud Flottilla“ von Israel vor Gaza bedroht und gestoppt wurde, kamen unsere Kolleg:innen zum Schluss, „wenn sie die humanitäre Flotte aufhalten, werden wir hier alles blockieren“. Für die Aktionen wurde von der USB in über 80 Städten mobilisiert: im Bereich von Häfen über Schulen und Universitäten bis hin zum öffentlichen Nahverkehr. Die Botschaft: Israel und die italienische Regierung stecken unter einer Decke und müssen gestoppt werden.

Am 3. Oktober wuchs die Protestbewegung auf mehr als 100 Städte und Millionen von Arbeitnehmer:innen in ganz Italien an: mit Demonstrationen, Blockaden, Mahnwachen und Streiks. Es ging darum, den Völkermord zu beenden, sowie um Lohnforderungen im Kampf gegen Militarisierung und neoliberale Politik. Frieden und soziale Gerechtigkeit gehen Hand in Hand.

Wie siehst du die Verbindung zwischen Militäraufrüstung und sozialen Kürzungen?

Cinzia: Jeder Euro, der für Waffen ausgegeben wird, ist einer, der in Schulen, Krankenhäusern, Gesundheitseinrichtungen und öffentlichen Diensten fehlt. Der Weg der EU und der italienischen Regierung mit der steigenden Militarisierung ist keine Lösung, sondern eine verheerende Kriegswirtschaft. Unsere Streiks am 22. September und 3. Oktober haben den Zorn der Arbeiter:innen und Bürger:innen darüber zu einem sozialen Kampf und gegen Krieg gebündelt.

Gibt es Pläne, die Kämpfe der Hafenarbeiter:innen auf Europa auszudehnen?

Cinzia: Ähnliche Aktionen finden in anderen Städten, unter anderem in Piräus (Griechenland) statt. Am 26. und 27. September fand in Genua ein internationales Treffen von Hafenarbeiter:innen statt, um eine gemeinsame Plattform und ein Netzwerk aufzubauen, damit Häfen Orte des Friedens und nicht des Krieges werden. Die Arbeiter:innen spielen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Krieg, es entstand daher der Vorschlag für einen internationalen Aktionstag in den europäischen Häfen. Internationalismus ist notwendig, um Einfluss auf die Entscheidungen von Regierungen und multinationalen Konzernen zu nehmen.

Welche Rolle kann dabei der Weltgewerkschaftsbund (WGB) Europa einnehmen?

Cinzia: Der WGB ist unverzichtbar für den Aufbau eines effektiven Widerstands gegen Krieg und Sparmaßnahmen und von Solidarität zwischen klassenorientierten Gewerkschaften und für die Koordinierung von Arbeitskämpfen auf europäischer Ebene. Die Ereignisse vom 22. September und 3. Oktober waren nur der Anfang. Jeder Streik, jede Demonstration, jede Blockade ist ein weiterer Schritt hin zu einer Welt in Würde, Solidarität und Frieden. Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen!

(mehr dazu unter: Dritter Generalstreik innerhalb von weniger als drei Monaten)

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