Sozialbetrug durch „Zwischenparken“

Schwerpunkt im Bericht von AK-Präsident Andreas Stangl (FSG) bei der 4. Vollversammlung der oö Arbeiterkammer am 11. November 2025 war die Kritik am „Zwischenparken“ von Beschäftigten beim AMS mit Folgekosten zwischen 500 und 700 Millionen Euro im Jahr, also im Klartext zusätzliche Unternehmergewinne auf Kosten der Beschäftigten.

Auffallend dabei ist, dass dies die Bauwirtschaft sogar im Sommer praktiziert, um „Auftragslöcher“ zu stopfen und dass die zwei „schwarzen Schafe“ Gastro und Leasing zwar nur zehn Prozent der Beschäftigten stellen, aber für ein Viertel der Rechtsfälle bei der AK sorgen. Alles in allem ein Fall für eine Wiederauflage des „Schwarzbuch Arbeitswelt“ der Arbeiterkammer, was allerdings von der FSG-Mehrheit strikt abgelehnt wird.

Zur Debatte um WKO-Präsident Harald Mahrer meinte Stangl dies sei keine Angelegenheit der AK, er ortet aber einen Angriff auf die Arbeiterkammer durch Infragestellung der Pflichtmitgliedschaft durch die Hintertür, was gravierende Auswirkungen auf die Wirkung der Kollektivverträge haben würde.

Finanzminister als Gastreferent

Großes Interesse fand das Referat von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ), dem vor allem von Seiten der FSG geradezu andächtig gelauscht wurde. Er meinte, dass zwei wesentliche Errungenschaften des 20. Jahrhunderts, nämlich die „liberale Demokratie“ und der Sozialstaat jetzt zur Disposition gestellt werden. Als finanzielle Grundlage des Sozialstaates betonte er eine hohe Beschäftigung, wobei Ältere, Frauen und Jugend nicht nur Problemgruppen, sondern auch ein hohes Potenzial darstellen. Dass darüber hinaus auch das enorme Potenzial des angehäuften Reichtums herangezogen werden muss, ließ Marterbauer jedoch unerwähnt, lediglich eine Umstellung bei der Bemessung auf die Wertschöpfung deutete er an.

Zur Teilzeitdebatte meinte Marterbauer, dass die durchschnittliche Teilzeitbeschäftigung in Österreich nur 21 Stunden beträgt, laut Umfragen der Wunsch aber 30 bis 32 Stunden wären. Die logische Schlussfolgerung, dass dies eigentlich ein Argument für eine allgemeine 30-Stundenwoche – wie sie Experten schon seit zwei Jahrzehnten fordern – wäre zog er allerdings nicht. Wohl aber erwähnte er den großen Niedriglohnsektor von 296.000 Beschäftigten, die trotz Vollzeitarbeit weniger als 2.000 Euro brutto verdienen.

Der Minister wandte sich gegen die politisch und medial erzeugte depressive Stimmung, welcher ein 70-prozentiges Wachstum der Wirtschaft seit 2000 widerspricht. Als Potenzial für einen Aufschwung sieht er – mit einem demonstrativen Bekenntnis zur Windkraft – billigeren Strom, die Digitalisierung – ohne negative Auswirkungen auf die Beschäftigung anzuführen – sowie eine aktive Arbeitsmarktpolitik.

Die Sanierung des Budgets und Senkung des Defizits von sechs auf drei Prozent sieht Marterbauer in Hinblick auf wachsende Schulden und bereits jetzt 7,5 Milliarden Euro für Zinsen für unerlässlich. Er meint, dass alle die Auswirkungen spüren würden und forderte Solidarität ein. Er erwähnte den Beitrag von Banken und Energiekonzernen – ohne anzuführen, dass diese im Verhältnis zu den Milliardenprofiten nur marginal sind – sowie die Grunderwerbsteuer für Konzerne und Aktionen gegen Steuerbetrug die 2026 270 und 2027 450 Millionen bringen sollen.

Im Kampf gegen die Teuerung sieht Marterbauer Wohnen, Energie und Lebensmittel als die drei kritischen Bereiche und führte an, dass die Mietpreisbremse für 2,4 Millionen Menschen einen geringeren Anstieg der Mieten und Maßnahmen bei der Energie für 300.000 Menschen geringere Energiepreise bringen würden.

Die Meinung des GLB

In der Debatte dankte AK-Rat Daniel Steiner (GLB) Minister Marterbauer für die Nulltoleranzpolitik bei der Betrugsbekämpfung und forderte ihn zur Fortsetzung und Ausweitung auf. Weiters wies Steiner darauf hin, dass ein GLB-Antrag für die Abschaffung des Dieselprivilegs (Kosten 500-700 Mio.) von der FSG abgelehnt wurde, laut Finanzministerium die Aufrechterhaltung jedoch 5,9 Mrd. Euro für Zertifikate kosten würde und er forderte Marterbauer auf tätig zu werden.

Zum Bericht des Präsidenten warnte Steiner vor großflächigen Lohnabschlüssen unter der rollierenden Inflation wie dies für die Metallbranche und den öffentlichen Dienst schon vollzogen wurde. Solche Abschlüsse bedeuten weniger Kaufkraft, Lohnsteuer und SV-Beiträge. Steiner forderte daher die KV-Verhandler zur Abwehr dieser besorgniserregenden Entwicklung auf.

Der Vollversammlung lagen 31 Resolutionen und Anträge (FSG 11, FA 5, FCG 4, AUGE-UG 2, PFG 1, GLB 2, gemeinsam 6) zur Behandlung vor. Vom GLB wurde eine Resolution zur Sozialhilfe sowie ein Antrag für ein Forum der Fraktionen im „AK-Report“ eingebracht. Weiters standen der Voranschlag der Arbeiterkammer für 2026 und eine Änderung der Geschäftsordnung bedingt durch das Informationsfreiheitsgesetzes auf der Tagesordnung.

Die Anträge des GLB im Wortlaut:

Resolution 1: Für eine menschliche und volkswirtschaftlich verträgliche Novellierung des OÖ. Sozialhilfeausführungsgesetzes und des OÖ. Sozialhilfegesetzes!

In seinem berühmten, von der Financial Times zum Best Book of 2013 gewählten, Buch „Austerity: The History of a Dangerous Idea“ zeigt der schottische Politikwissenschafter Mark Blyth, dass Austeritätspolitik historisch nie in dem Sinne funktioniert hat, ihre erklärten Ziele wie Schuldenabbau oder die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums zu erreichen. Nichtsdestotrotz wird sie immer wieder von Regierungen angewandt. Blyth bezeichnet dieses Muster der zwanghaften Wiederholung als eine Form des Wahnsinns.

Was Blyth damit meint, kann man sowohl in der österreichischen Bundes- als auch in der oberösterreichischen Landespolitik aktuell gut beobachten: der vorgebliche Sparzwang dominiert und vergiftet jegliche sozialpolitische Debatte. Sozialleistungen werden nicht mehr als sinnvolle Investitionen in den sozialen Zusammenhalt und die ökonomische Stabilität der Gesellschaft, sondern nur als finanzielle Belastung gesehen.

Den Konsum bremsend und somit die Rezession verschärfend, wirken sich die Einsparungsversuche bei Unterstützungsmaßnahmen für Bezieher*innen von sehr niedrigen Einkommen, wie etwa die Sozialhilfe, aus. Der reale Konsum 2024 stockte laut Statistik Austria bei +0,1 Prozent. Ein oft kolportierter Grund dafür ist, dass Haushalte zu viel sparen würden. Eine Analyse des Momentum Instituts zeigt: Die einkommensärmsten drei Zehntel der Haushalte können gar nichts sparen. Jeder hier vermeintlich eingesparte Euro der öffentlichen Hand fehlt somit dem Konsum und somit der, nach wie vor treibenden Kraft der Wirtschaft Österreichs.

Leider ist auch der Begutachtungsentwurf zum Landesgesetz, mit dem das OÖ. Sozialhilfe-Ausführungsgesetz und das OÖ. Sozialhilfegesetz 1998 geändert werden (OÖ. Sozialhilfe-Ausführungsgesetz-Novelle 2025) vom Geist der Einsparungen und der Restriktion getragen.

Mit der Novelle sollen, so auch im Begutachtungsentwurf festgehalten, strengere Sanktionierungen ermöglicht werden. Dies würde für Sozialhilfebezieher*innen zu armutsverschärfenden Effekten bei einer, bereits in ihrer grundlegenden Ausgestattung nicht armutsfesten Leistung für Menschen in existenziellen Notlagen führen. Anstelle der in § 1 des Oö. SOHAG festgehaltenen Ziele der „Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen“ droht bei Sanktionen eine raschere und weitreichendere Marginalisierung der Betroffenen.

Der Abzug der Wohnbeihilfe von der Sozialhilfe blendet die überproportionale Wohnkostenbelastung von armutsbetroffenen Personen aus und führt zu massiven Problemen in der Wohnraumsicherung.

Mit einer Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung von 43% sind Alleinerziehende und ihre Kinder die am höchsten betroffen Familienform in Österreich. Auch ihre Situation wird in der geplanten OÖ. Sozialhilfe-Ausführungsgesetz-Novelle 2025 nur völlig unzureichend berücksichtigt.

Während geplante strengere Sanktionierungen unter der Prämisse des „verantwortungsvollen Einsatz der finanziellen Mittel“ zu einem monatelangen Ausschluss vom letzten sozialen Sicherungsnetzes samt Verlust des Krankenversicherungsschutzes zu existenzbedrohenden Konsequenzen für die Betroffenen führt, sollen ineffiziente und kostenintensive Doppelgleisigkeiten, wie die durch das Gesetz erzwungene, Beurteilung der Pflichterfüllung im Bereich der Arbeitsmarktintegration durch das AMS als auch die Bezirksverwaltungsbehörden, beibehalten werden.

Die 4. Vollversammlung der XVII. Funktionsperiode der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich fordert daher die im OÖ. Landtag vertretenen Parteien auf, dafür zu sorgen, dass im Zuge der OÖ. Sozialhilfe-Ausführungsgesetz-Novelle 2025 folgende Punke umgesetzt werden:
– Doppelgleisigkeit bei der Beurteilung der Pflichterfüllungen im Bereich der Arbeitsmarktintegration für Sozialhilfeempfänger*innen abschaffen!
– Anrechnung der Wohnbeihilfe auf die Sozialhilfe abschaffen!
– Verpflichtend die Deckung der Wohnkosten auch im Falle von Sanktionen sicherstellen!
– Keine Kürzungen der Leistungen als Sanktion gegen Minderjährige!
– Verlust des Krankenversicherungsschutzes der Betroffenen verhindern!
– Familienverträglichkeitsprüfung: Berücksichtigung der Lebensrealitäten von Alleinerziehenden und Patchworkfamilien bei der Sozialhilfe!

Antrag 1: Meinung der in der Vollversammlung vertretenen Gruppierungen im „AK-Report“

Laut Eigendarstellung ist das Magazin „AK-Report“ das wichtigste Medium der Arbeiterkammer Oberösterreich. Mit einem Umfang von 16 Seiten geht es in einer Auflage von ca. 570.000 Exemplaren sechsmal im Jahr an alle Haushalte in Oberösterreich und steht zusätzlich per Download auf der Website der AK zur Verfügung.

Der „AK-Report“ informiert alle AK-Mitglieder (und darüber hinaus alle Haushalte in Oberösterreich) über wichtige politische und gesellschaftliche Themen und Entwicklungen, die Position der Arbeiterkammer dazu sowie über das gesamte Leistungsspektrum der Arbeiterkammer Oberösterreich.

Zu kurz kommt in der publizistischen Breite des „AK-Report“ allerdings die Vollversammlung als des obersten – von den Mitgliedern gewählten – Gremiums der Arbeiterkammer und deren durch die Vertretung von sechs Gruppierungen geprägte politische Breite.

Um diese zu verdeutlichen wäre es daher sinnvoll regelmäßig, zumindest aber einmal im Jahr eine Doppelseite zur Darstellung der Meinung der in der Vollversammlung vertretenen Gruppierungen zu einem – von der Redaktion vorgegebenen oder auch frei gewählten Schwerpunktthema – zu verwenden, ähnlich wie das etwa in der Landesillustrierten „Unser Oberösterreich“ in Hinblick auf die Meinungsseiten der im Landtag vertretenen Fraktionen der Fall ist. Damit würde den Leser:innen auch die Möglichkeit geboten, die Haltung der in der Vollversammlung vertretenen Gruppierungen zu einem bestimmten Thema zu vergleichen.

Die 4. Vollversammlung der XVII. Funktionsperiode der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich beauftragt daher die Redaktion des „AK-Report“ regelmäßig – zumindest aber einmal im Jahr – eine Doppelseite zur Darstellung der Meinung der in der Vollversammlung vertretenen Grupperungen zu einem – von der Redaktion vorgegebenen oder auch frei gewählten Schwerpunktthema – zu verwenden.

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