Triste Wetterlage im Kollektivvertragsherbst

Vor dem Sommer hat sich der ÖGB gegen Nulllohnrunden ausgesprochen und dabei auf die in diesem Fall negativen Folgen für das Staatsbudget hingewiesen. Hätte es diese im Jahr 2024 gegeben, wären dem Fiskus rund 4,11 Milliarden Euro an Lohn- und Mehrwertsteuereinnahmen entgangen. Abzüglich der Einsparungen bei den Staatsbediensteten wäre ein negativer Effekt von 1,65 Milliarden Euro geblieben. Zudem hat der niedrigere Konsum unerfreuliche Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum.

von Oliver Jonischkeit , AK-Rat und Bundessekretär des GLB

Die Kollektivvertragsverhandlungen in der Metallindustrie waren, kaum dass sie begonnen hatten, schon zu Ende – der offenbar bereits vorpaktierte Zweijahresabschluss sorgt mit Lohn- und Gehaltserhöhungen von 1,41 Prozent im heurigen und 1,9 Prozent im kommenden Jahr wohl für einen weiteren Kaufkraftverlust. Daran werden auch Einmalzahlungen, kreativ „Kaufkraftsicherungsprämie“ genannt, nichts ändern.

Natürlich gibt es unterschiedliche Entwicklungen in den einzelnen Sparten. Im AK Branchenreport wurden jedoch 143 Kapitalgesellschaften untersucht – Ergebnis: Die Gesamtgewinne stiegen um knapp 15 Prozent. „Es ist also nicht so, dass es gar nichts zu verteilen gäbe. Es ist nur so, dass die Beschäftigten die gesamten Krisenlasten tragen sollen“, so Klaus Larcher, Vorsitzender des GLB-PROGE und Magna-Betriebsrat.

Aufschnüren eines gültigen Abschlusses im öffentlichen Dienst

Bereits letztes Jahr wurde in einem Zweijahresabschluss zunächst ein Abschluss unter der Inflationsrate vereinbart, um 2026 zumindest ein kleines Plus zu erreichen. Drohungen der Regierung mit künftigen Nulllohnrunden haben dazu geführt, dass der gültige Abschluss wieder aufgeschnürt und neu verhandelt wurde.

Mit dem Ergebnis, dass es die ursprünglich ab Jahresbeginn vereinbarte Erhöhung von 3,3 Prozent nun erst ab Juli 2026 gibt, weitere von jeweils ca. ein Prozent sollen Mitte 2027 und 2028 folgen. Zwar sozial gestaffelt, trotzdem dürfte die Inflation höher ausfallen. Zudem besteht offenbar keine Sicherheit mehr, dass abgeschlossene Verträge auch wirklich halten.

Abschluss beim Bahn-Kollektivvertrag

Immerhin wurde hier mit drei Prozent die rollierende Inflationsrate abgegolten, nicht aber die gestiegene Produktivität. Positiv sind Schritte zur Arbeitszeitverkürzung und ein überdurchschnittliches Anheben der Sonn- und Feiertagsvergütung.

Ausblick auf die kommende Verhandlungsrunde beim SWÖ

Zum Redaktionsschluss haben u. a. mit Betriebsversammlungen im öffentlichen Raum und Betriebsrätekonferenzen bereits erste Kampfmaßnahmen begonnen, um zumindest vier Prozent Lohnerhöhung durchzusetzen, während die Gegenseite bei einer rollierenden Inflation im Vorjahr von drei Prozent 2,5 Prozent für zwei Jahre anbietet. Weiters gefordert wird eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich sowie eine zusätzliche Urlaubswoche. Begonnen haben auch die Kollektivvertragsverhandlungen im Handel.

(Anmerkung der Redaktion: In der Zwischenzeit ist die vierte Verhandlungsrunde gescheitert und für dem Zeitraum von 16. bis 18. Dezember sind weitere, längere Warnstreiks geplant)

Forderung nach offensiver Lohnpolitik und Urabstimmung

Gabriel Felbermayr (Wifo) und Holger Bonin (IHS) sind mit den bisherigen Abschlüssen vermutlich zufrieden, haben sie doch zu „Lohnzurückhaltung“ gemahnt. Deren Logik, dass gute Lohnabschlüsse eine höhere Inflation bewirken – die sogenannte Lohn-Preis-Spirale – ist allerdings falsch, denn die Löhne und Gehälter werden immer erst rückwirkend angepasst. In Wirklichkeit ist es eine Profit-Preis-Spirale, die nun auch nicht mehr durch Lohnerhöhungen verzögert ausgeglichen wird.

Die sogenannte Sozialpartnerschaft befeuert diese Entwicklung, sie wird immer mehr zu einem Instrument, um die Profite der Besitzenden zu sichern. Es ist höchst an der Zeit, dass KV-Abschlüsse von den jeweils davon betroffenen Gewerkschaftsmitgliedern durch Urabstimmung bestätigt werden. Dies ist auch eine aktive Einbindung der Mitglieder und durchaus auch ein Argument, der jeweils zuständigen Gewerkschaft beizutreten.

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