Wertsicherung der Mieten

Die automatische Inflationsanpassung von leistungslosem Kapitaleinkommen

Miserable Verhandlungsergebnisse bei den Kollektivverträgen führen zu fortgesetzten Reallohnverlusten. Die Vermieter:innen können sich beruhigt zurücklehnen – ihre Renditen sind wertgesichert.

Christoph Haill, Landesleitungsmitglied im GLB Wien und Mietrechtsberater

Es zeichnet sich ab, die Kollektivverhandlungsrunden werden auch 2025 katastrophal ausfallen. In einigen Sparten sind bereits für das kommende Jahr drastische Lohnverluste vorgezeichnet. Zeitgleich schlägt die Teuerung in allen Lebensbereichen zu. Energiekosten, Lebensmittelpreise und Mietkosten galoppieren mit der Inflation beängstigend in die Höhe.

Erwerbstätige werden beim Aushandeln des Preises ihrer Arbeitsleistung von einer Zurückhaltung und Mäßigung gebietenden Sozialpartnerschaft fatal ausgebremst. Im Hintergrund die unaufhörlichen Drohgebärden der Unternehmer:innenschaft – die Klaviatur von unausweichlich erforderlichem Stellenabbau, über Automatisierung bis Abwanderung wird auf und ab gespielt. Derweil bestimmen sich die Kosten für Strom, Gas, Ernährung und die anderen Bedürfnisse des täglichen Lebens scheinbar alternativlos durch geopolitische Entwicklungen und die vermeintlich unsichtbare Hand des Marktes. Stets im Sinne der Besitzenden.

Preissteigerungsmechanismen am Mietmarkt

Auch am Mietmarkt spiegeln sich diese Dynamiken etwa im Bereich des freien Mietzinses, bei zweifelhaften Lagezuschlägen sowie durch zyklische Mieterhöhungen im Rahmen der befristeten Mietverträge wieder. Doch Vermieter:innen sind darüber hinaus zusätzlich abgesichert: In der überwiegenden Zahl der Mietverträge ist eine gesetzlich vorgesehene Wertsicherung festgeschrieben. Sie ermöglicht es, ohne die Mieten regelmäßig der Inflation anzupassen. Besonders perfide ist: die Grundlage der Wertsicherung ist der Verbraucherpreisindex, in den wiederum fließen die hohen Mieten selbst ein.

Der durchschnittliche Preis für einen Quadratmeter Miete in Österreich ist von 2019 – also dem Beginn der Covid-Pandemie – bis ins 2. Quartal 2025 im Durchschnitt um beinahe 30 Prozent gestiegen. In den Jahren 2022 und 2023, als imperialistische und ökonomische Krisen die Inflation in zusätzlichem Maße ankurbelten, waren die größten Sprünge in der Mietpreisentwicklung. Mithilfe der Wertsicherungsklausel konnten die Mieten dabei aufgrund einer Schwellenwertregel mitunter mehrmals in einem Jahr angehoben werden.

Wirksame Gegenmaßnahmen: Fehlanzeige

Im Gegensatz zu anderen Staaten wurde seitens der Regierung davon Abstand genommen diese Mietzinsexplosionen einzudämmen oder gar zu verhindern. Erst weit nach den gröbsten Entwicklungen wurde mit halbherzigen Mietbremsen, die nur für einen Bruchteil der vermieteten Wohnungen gelten, versucht die Situation öffentlichkeitswirksam in den Griff zu bekommen.

Die Mietsteigerungen der letzten Jahre rückgängig zu machen, ist nicht angedacht. Immerhin, die aktuelle Novelle des Mietrechtsgesetzes zeigt: Auch die Regierung musste sich der problematischen Wertsicherung bewusst werden. Nur noch einmal jährlich sollte eine Inflationsanpassung möglich sein – und wenn diese die 3 Prozent Marke übersteigt, darf sie über die Schwelle hinaus nur zur Hälfte vorgenommen werden. Letztlich wieder mehr Schein als Substanz, denn das zugrundeliegende Problem bleibt bestehen: Während Erwerbstätige jedes Jahr in medial zelebrierten (Schein-)Verhandlungen gegen die inflationsbedingte Entwertung ihres Arbeitseinkommens kämpfen müssen, können sich Besitzende darauf verlassen, dass sich ihr wertgesichertes Kapitaleinkommen aus der Miete – dem Geschäft mit dem Grundbedürfnis Wohnen – automatisch an die Inflation anpasst.

Unser Auftrag ist daher klar: Wir müssen weiterhin die Abschaffung der Wertsicherung weitestgehend leistungsloser Mieteinnahmen einfordern und durchsetzen – auch als Teil des gewerkschaftlichen Arbeitskampfes. Wertsicherung der Mieten: Die automatische Inflationsanpassung von leistungslosem Kapitaleinkommen

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