
Wes Geistes Kinder sie sind
Wie binde ich Mitarbeiter:innen langfristig an mein Unternehmen? Diese Frage stand Ende Februar im Zentrum einer Veranstaltung der Wirtschaftskammer Salzburg. Die Antwort lautete die Wertschätzung der Arbeit, des Einsatzes und ihrer Leistung. In der modernen Arbeitswelt sei das nicht nur ein nettes Extra, sondern ein entscheidender Faktor für den Erfolg eines Unternehmens.
Jährlich beantragen in Österreich um die 50.000 Frauen und Männer die Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension. Die Zahlen zeigen, dass altersgerechte Arbeitsplätze offensichtlich Mangelware sind. Im Zeitraum 2017 bis 2019 lagen die Anträge bei jährlich 53.000 bis 55.000 Fällen. 2020 gab es Lockdown-bedingt ein Absinken auf unter 48.000 und 2022 waren es schon wieder rund 52.000 Anträge.
Wertschätzung in der modernen Arbeitswelt?
Vor Ort ist das eherne Ziel der Wertschätzung dann vergessen. Trotz der vielen krankheitsbedingten vorzeitigen Pensionsantritte, keine altersgerechten Arbeitsplätzen, keine reduzierten Arbeitszeiten und keine längeren Regenerationsphasen. Im Gegenteil, ihr IV-Big-Boss Georg Knill ruft nach noch mehr Malochen: mit einer 41-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich und neuerdings mit der Ausdehnung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters auf das 70. Lebensjahr.
Er weiß auch schon, wohin die eingesparten Milliarden durch das höhere Pensionsanfallsalter gehen sollen: In Richtung der reichen Unternehmensbesitzer:innen, wie er einer ist, indem die Lohnnebenkosten, welche die Betriebe ins Sozialsystem einzahlen, deutlich gesenkt werden. Ein skurriles Detail am Rande: Knill selbst ist dem goldenen Löffel aufgewachsen. Seine größte Leistung, das Erben! 2002 hat seine 300 Jahre alte Unternehmensgruppe mit damals 90 Millionen Umsatz geerbt.
Auf weiter Flur alleine?
Länger buggeln, später in die Pension gehen, das kann sich nicht nur der Knill(ch) vorstellen. Sogenannte Wirtschaftsexpert:innen aus WIFO, IHS und Fiskalrat, sowie aus ÖVP, dem neoliberalen Thinktank Agenda Austria und natürlich den NEOS lechzen ebenfalls danach. Kein österreichisches Phänomen, beispielsweise wurde in Deutschland das Pensionsanfallsalter bereits auf 67 erhöht, weitere Schritte sollen folgen. Oder, in Dänemark wurde das Pensionsanfallsalter gerade auf 70 Jahre angehoben.
Aber nicht nur das Pensionsalter wird angezweifelt – auch die Löhne und Gehälter stehen zur Disposition. Da wird unter anderem das Aussetzen der bereits beschlossenen Beamt:innen-Gehaltsanpassung 2026 verlangt oder der Lohnverzicht durch Nulllohnrunden bei den kommenden KV-Lohnrunden
Löhne nicht zwingend existenzsichernd?
Am ehrlichsten spricht der Schweizer Arbeitgeber:innen-Direktor Roland A. Müller aus, wohin ihr weg gehen soll, nämlich dass Firmen nicht zwingend Löhne zahlen müssen, die zum Leben reichen. Denn man kann von den Unternehmen nicht verlangen, dass sie Existenzsicherung betreiben, dafür muss die Sozialhilfe einspringen.
In diesem Sinne muss die Forderung nach einem Grundeinkommen aus Unternehmenskreisen (zB dem umstrittenen Tesla-Chef Elon Musk) hinterfragt werden. Wird dann ein solches “Bedingungsloses Grundeinkommen” eine armutsfeste Existenzsicherung oder handelt es sich nur um ein Sozial-Almosen, um die Lohn- und Gehaltszahlungen zugunsten noch höherer Profite senken zu können?
Autor: Josef Stingl, Foto: Samuel Regan-Asante auf Unsplash