Ein Haushalt der Krise

Helene Schuberth über das Bundesbudget 2023 aus Sicht des ÖGB

Österreich ist auf dem Weg in eine der schwersten Krisen seit 1945. Die Inflation steigt weiter an – viele können Energierechnungen nicht mehr bezahlen oder müssen bei Nahrungsmitteln sparen. Die Konjunktur legt eine Vollbremsung hin; angesichts hoher Energiepreise drohen Deindustrialisierung und Anstieg der Arbeitslosigkeit.

Das Budget 2023 trägt diesen Herausforderungen nicht ausreichend Rechnung. Es werden zwar Ausgaben im Detail erhöht, allerdings 2023 die teuerungsbedingten Entlastungen von 2022 zurückgefahren. Die Abschaffung der „Kalten Progression“ wird zwar 2023 wirksam – die Umsetzung begünstigt aber höhere Einkommen. Auch ist die Abschaffung keine Entlastungsmaßnahme, weil sich die Steuerzahler*innen nur zurückholen, was sie zu viel bezahlt haben.

Die Anhebungen von Sozialleistungen – eine zentrale Forderung des ÖGB – sind nicht erfolgt. So wird zwar ab Jänner 2023 der Ausgleichszulagenrichtsatz (Mindestpensionen) auf 1.110 Euro erhöht, was aber noch immer unter der Armutsgefährdungsschwelle von 1.371 Euro (12mal) liegt. Das durchschnittliche Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe liegen weit unter dieser Schwelle und wurden nicht erhöht.

Unternehmen entlastet

Während die Regierung bei dauerhaft höheren (und steigenden) Preisen bei ärmeren Haushalten primär auf Einmalzahlungen (2022) setzte werden Unternehmen dauerhaft entlastet. Dazu zählen die Absenkung des Arbeitgeberbeitrages für die Allgemeine Unfallversicherung sowie den Familienlastenausgleichsfonds (jährlich ca. 0,5 Mrd. Euro), Senkung der Körperschaftssteuer auf 23 Prozent (ca. 450 Mio. Euro 2023, zusätzlich 450 Mio. Euro ab 2024). Damit entgehen dem Staat wichtige Einnahmen zur Finanzierung des Sozialstaates und zur Bewältigung systemischer Krisenkaskaden, die über uns hereinbrechen.

Österreich liegt mit einem Anteil vermögensbezogener Steuern am Gesamtsteueraufkommen von 1,3 Prozent im Ranking der 38 OECD-Länder an viertletzter Stelle. Österreich verzichtet auf Einnahmen aus der Erbschafts-, Vermögens- und Finanztransaktionssteuer. Vermögenssteuern auf OECD-Niveau brächten dem Staatshaushalt um rund 5,4 Mrd. Euro mehr Einnahmen pro Jahr.

Übergewinnsteuer gering

Weil per EU-Verordnung verpflichtend wird zwar eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne eingehoben, die erwartbaren Einnahmen sind aufgrund der großzügigen Ausgestaltung aber gering. Nach dem AK-ÖGB Modell würden hingegen 2023 Steuereinnahmen von 2,2 Mrd. Euro fließen – und rückwirkend für 2022 1,6 Mrd. Euro. Auch das Schließen von Steuerlücken würde hohe Einnahmen bringen. Ohne Gegenfinanzierung drohen ab 2024 Sparpakete.

Höhere Ausgaben für Klimaschutz und Energieeffizienz (plus 863 Mio. Euro) sind auf den ersten Blick positiv, allerdings sind dies in erster Linie Unternehmenssubventionen ohne erkennbare Transformationsstrategie und mit noch zu definierenden Auflagen. Es fehlt auch eine Einbindung der Arbeitnehmer*innen bei der Umsetzung, etwa im Rahmen von Transformationsräten.

Unverständlich ist angesichts von Rezession und Arbeitslosigkeit die viel zu niedrige Dotierung für aktive Arbeitsmarktpolitik. Das Qualifizierungsprogramm „Corona-Joboffensive“ (bis 2022) und die Maßnahmen für Langzeitarbeitslose („Aktion Sprungbrett“ – bis 2023) laufen aus und werden nur zum Teil durch eine neue – und geringer dotierte – einjährige „Fachkräfteoffensive“ ersetzt.

Planstellen im Arbeitsmarktservice (AMS) werden abgebaut, zur Absicherung des Fachkräftemangels sind nicht ausreichend zusätzliche Mittel zur Finanzierung der überbetrieblichen Lehrausbildung vorgesehen.

Auch das Bildungsbudget ist unterdotiert. Die Anti-Teuerungs-Maßnahmen greifen bei Schulkindern mit sozialer Benachteiligung zu kurz und die inflationsadäquate Anpassung der Finanzierungszusagen für Universitäten und Fachhochschulen fehlt. Bei den Fachhochschulen wäre eine deutliche Aufstockung von Studienplätzen notwendig, um dem „Fachkräftemangel“ zu begegnen.

Es sind zwar höhere Ausgaben für die soziale Pflege vorgesehen. Aber es fehlt eine dauerhafte und signifikante Entgelterhöhung für Pflegeberufe und mehr finanzielle Mittel für Verbesserungen im Bereich der Ausbildung und Arbeitsbedingungen. Zudem müssten Sachleistungen der Langzeitpflege, allen voran die mobile Pflege, ausgebaut werden.

Mehr für das Heer

Besonders kritisch sind Mehrausgaben für die Landesverteidigung (plus 1,1 Mrd. Euro) zu sehen, wenn man sie in Relation zu den geringen Mitteln für Entwicklungszusammenarbeit, Auslandskatastrophenfonds und das UN-Welternährungsprogramm setzt.

Dieses Budget ist Ausdruck der Kapitulation vor dem Marktgeschehen. Mit Ausnahme der Strompreisbremse ist nichts preissenkend. Damit verzichtet Österreich im Gegensatz zu anderen EU-Ländern weitgehend auf solche Maßnahmen (Mehrwertsteuersenkungen, Preisdeckel, Entkoppelung Mieten von Inflation, Entkoppelung Strom- vom Gaspreis, etc.).

Helene Schubert ist Leiterin des volkswirtschaftlichen Referats des ÖGB

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