
Handsame Vollstrecker
Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) galt für ÖVP und NEOS quasi als linksradikal, für manche Linke hingegen als Leuchtfeuer in der Koalition. Der AK-Volkswirt hat sich rasch als beinharter Pragmatiker entzaubert. Es verwundert also nicht, dass die ÖVP einem „Roten“ das Schlüsselministerium überlassen hat.
Autor: Leo Furtlehner (langjähriger Mitarbeiter des GLB-Magazins Die Arbeit) , Foto: unsplah
Marterbauer soll jetzt der Bevölkerung die Lösung der von der ÖVP hinterlassenen Budgetmisere als „sozial ausgewogen“ verkaufen. Er räumt ein: „Jedes Sparpaket hat negative Effekte auf Konjunktur, Beschäftigung und Nachfrage“, betont aber: „Wir können nicht neun Milliarden Euro einsparen und keiner merkt etwas“. Und er meint: „Die Bevölkerung muss aber das Gefühl haben, dass die Lasten fair verteilt sind“ (OÖN, 24.5.2025). Davon kann keine Rede sein, schluckt doch die SPÖ brav, dass Schwarz und Pink jede Umverteilung von oben nach unten blockieren.
„Wichtig ist zu regieren, alles andere ist Bockmist“ war das Credo des früheren SPD-Chefs Franz Müntefering. So reden sich manche die Regierungsbeteiligung der SPÖ schön. Die Einschätzung von Parteichef Andreas Babler „Wir haben die Budgetsituation nicht zu verantworten – aber wir übernehmen Verantwortung“ und dass die SPÖ „Für mehr Gerechtigkeit“ in der Regierung sorgen will (Facebook, 13.5.2025) klingt wie blanker Hohn.
Das Doppelbudget sieht 2025 Kürzungen von 6,4 und 2026 von 8,7 Milliarden Euro vor: höherer Krankenversicherungsbeitrag für Pensionierte, Hinaufsetzung der Korridorpension, Altersteilzeit auf Teilpension reduziert, Familienleistungen gekürzt, Bildungskarenz abgeschafft, Klimabonus gestrichen, Klimaticket verteuert, PV-, Breitband- und Umweltförderung gekürzt, ÖBB-Ausbau gebremst, höhere Gebühren für Dokumente, mögliche Nulllohnrunde im öffentlichen Dienst. Bis 2029 sollen Förderungen um 8,53 Milliarden reduziert werden (Heute, 15.5.2025). Nicht gespart wird bei überhöhten Parteienförderungen, Politbezügen und Dienstwägen. Und für das Klima kontraproduktiv wird der Pendlereuro verdreifacht.
Die Beiträge von Banken (Gewinn 2024: zwölf Milliarden), Energiekonzernen und Immobilienhaien sind nur Peanuts. Dazu kommen die Tabus: Die Profiteure von Kurz´ „Koste es, was es wolle“ bleiben außen vor. Vermögens- und Erbschaftssteuer blocken ÖVP und NEOS ab. Der ausufernde Föderalismus bleibt sakrosankt, dafür will man aber die finanzmaroden Gemeinden „in die Pflicht nehmen“. Massiv „gespart“ wird quer durch alle Ressorts – nicht aber bei der Rüstung: Das Heeresbudget wird bis 2030 von 0,7 auf 2,1 Prozent des BIP verdreifacht, steigt 2025 um 8,4 Prozent, inklusive einer Einschreitungsermächtigung sogar um 18 Prozent (DerStandard, 15.5.2025).
Bei den Verhandlungen wollte die ÖVP die Aufrüstung durch eine Sonderstellung „herausrechnen“ und Infrastrukturmaßnahmen an die ÖBB „auslagern“. Ein Budgetverhandler kündigte an: „Es wird einige weitere Blut-Schweiß-und-Tränen-Projekte geben müssen“ (trend, 9.5.2025). ÖVP-Klubchef August Wöginger und NEOS-Verhandler Yannik Shetty stilisierten die Einschnitte bei den Pensionen zur „größten Pensionsreform seit 20 Jahren“ hoch. Und als Draufgabe stellt WIFO-Chef Gabriel Felbermayr die Reduzierung des Staatseigentums (Post, OMV, A1) auf 25 Prozent in den Raum (OÖN, 16.5.2025).
Hintergrund der für alternativlos erklärten Budgetsanierung sind die Maastricht-Kriterien, die immer schon willkürlich waren und mit Corona und Teuerungswelle obsolet geworden sind. Tatsächlich ist das Budget als in Zahlen gegossene Politik die Keule gegen die unteren 90 Prozent und eine Aufforderung an diese, “sich zu mäßigen“. Die neoliberalen Hooligans wollen den für das Kapital hinderlichen Sozialstaat zerstören, die Daseinsvorsorge dem Kapitalmarkt ausliefern – im Klartext eiskalten Klassenkampf von oben, um Profit und Vermögen zu vermehren. In der SPÖ haben sie einen handsamen Vollstrecker dafür gefunden.