Initiativen gegen Aufrüstung

Laut dem Stockholm International Peace Research Institute (Friedensforschungsinstitut SIPRI) vom März diesen Jahres, haben sich die Rüstungsimporte in Europa infolge des Ukrainekrieges nahezu verdoppelt.

Die Einfuhren schwerer Waffen wie Panzer, Kampfjets und U-Boote – todbringende Rüstungsgüter – nach Europa stiegen im Vergleich der vergangenen beiden Fünfjahreszeiträume um 47 Prozent an – die der europäischen NATO-Staaten sogar um 65 Prozent. Eine Verdoppelung der Waffenkäufe europäischer Länder zwischen 2018 und 2022 im Vergleich zu den fünf Jahren davor, müsse ein Weckruf sein, so die deutsche Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen. Damit werde „allen voran die US-amerikanische Rüstungsindustrie gemästet, zulasten der Bürgerinnen und Bürger, die unter Preisexplosionen bei Lebensmitteln und Energie leiden. Mehr Sicher- heit in Europa wird dadurch nicht geschaffen“.

56 Prozent der importierten Waffen stammten aus den USA, 11 Prozent aus Frankreich und 5,1 Prozent aus Deutschland. Die USA sind der größte Rüstungsexporteur der Welt. Frankreich liegt jetzt auf Platz 3 und könnte künftig Russland überholen. Deutschland rangiert auf Platz 5. Die Ukraine wurde im vergangenen Jahr zum drittgrößten Kriegswaffenimporteur der Welt hinter Indien und Katar. In früheren SIPRI-Berichten hatte die Ukraine praktisch keine Rolle gespielt. Der Stockholmer Bericht führt unter anderem 230 Waffensysteme der US-Artillerie, 280 Panzerfahrzeuge aus Polen und 7.000 britische Panzerabwehrraketen an. Hinzu kämen etwa neun Flugabwehrsysteme.

Das NATO-Mitglied Großbritannien will an die Ukraine zusammen mit 28 Challenger2-Kampfpanzern auch panzerbrechende Munition mit einem Kern aus abgereichertem Uran liefern. Die „Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges/ Ärzt*innen in sozialer Verantwortung“ IPPNW verurteilen den Beschluss der britischen Regierung, panzerbrechende Uranmunition (Depleted Uranium, DU) in die Ukraine zu liefern. Durch den Einsatz von DU entstünden zusätzlich weitreichende und anhaltende Umwelt- und Gesundheitsschäden für die Menschen, die bereits unter dem Krieg leiden.

Während der Balkankriege in den 90er-Jahren hat die NATO in Serbien und Teilen des Kosovo auch DU-Munition abgeschossen. Der serbische Anwalt Srdan Aleksic kämpft seit Jahren für Krebspatient*innen aus der Region – und verklagt die NATO. Er glaubt, ihre Erkrankungen sind Spät- folgen dieser Einsätze.

Europäische Kriegskasse

Unser Nachbarland Deutschland ist mit rund 713 Millionen Euro der größte Einzahler in den mehr als fünf Milliarden Euro großen EU-Topf „Europäische Friedensfazilität“. Unter dem trügerischen Namen hat der EU- Rat im März 2021 eine EU-Kriegskasse beschlossen. Sie ist ein außerbudgetärer Fonds der EU. Da in der Außenpolitik in der EU das Einstimmigkeitsprinzip gilt, hätte jedes Land die Einrichtung dieser EU-Kriegskasse verhindern können. Die österreichische Regierung beschloss, diese Kriegskasse mitzufinanzieren. Die Finanzierung soll von allen Mitgliedsstaaten entsprechend dem Anteil am BIP der EU erfolgen. Auf Österreich entfallen dadurch rund 120 Millionen Euro. Mit dem Geld sollen militärische Ausbildung und Ausrüstung in Drittstaaten sowie Militäreinsätze finanziert werden. EU-Staaten, die Waffen an die Ukraine geliefert haben, können sich hieraus Geld erstatten lassen.

„Waffenlieferungen können den Krieg in der Ukraine nicht beenden. Er hat auf beiden Seiten bereits inakzeptabel viele Opfer gekostet sowie massive Zerstörung und Leid erzeugt. Statt dessen brauchen wir einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen sowie mehr Geld für humanitäre Hilfe und einen Schuldenschnitt für die Ukraine“, so Angelika Claußen, Vorsitzende der Deutschen Sektion der IPPNW. „Statt einer globalen Aufrüstungsspirale brauchen wir mehr internationale Kooperation, um unsere Lebensgrundlagen weltweit zu schützen. Kriege und gewaltsame Konflikte konterkarieren die Bemühungen der Weltgemeinschaft, die globalen Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zu erreichen“.

Wertvoll ist der Neutrale

Der Friedensforscher Thomas Roithner, erklärt, nicht nur die Sicherheit der Staaten, sondern die Sicherheit der Menschen zählt. In der „Die Presse“ kommentiert er: „Gleichzeitig verengt sich die EU-Debatte immer mehr auf Waffenlieferungen, neue Sanktionen und eigene Aufrüstung. Wertvoll ist der Neutrale dann, wenn er Dialog ermöglicht. Selbst in den konfrontativsten Zeiten des Kalten Krieges war Wien als Verhandlungsplatz akzeptiert. Bei nuklearer Rüstungskontrolle und Abrüstung ist Österreich Gast- und Impulsgeber. Glaubwürdig ist der Neutrale, wenn er bei Solidarleistungen an UNO und OSZE deutlich über die unterste Richtschnur springt“. Doch leider regiere in der Außenpolitik auch der Sparefroh.

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