Es braucht eine Strategie gegen die Krise

So schnell ging es schon lange nicht. Kaum waren die Verhandlungen für die Metaller-Kollektivverträge begonnen, waren sie auch schon wieder abgeschlossen, sofern man die informellen Gespräche im Vorfeld außer Acht lässt. Das Ergebnis ist keineswegs befriedigend. Die Lohnerhöhung liegt weit unter der rollierenden Inflation.

Von Georg Erkinger, AK-Rat Bundesvorsitzender des GLB

Verzicht üben müssen auch die Pensionist:innen. Den öffentlich Bediensteten wurde gar der Gehaltsabschluss wieder aufgeschnürt. Das sei alles zum Wohle des Landes, wird uns eingetrichtert.

Gleichzeitig rollt eine Belastungslawine auf uns zu. Nach dem Bund, wo die Kürzungen unmittelbar nach Bildung der neuen Regierung präsentiert wurden, waren im Herbst nun die Länder an der Reihe. Die Landesbudgets sehen im kommenden Jahr durchwegs massive Einschnitte vor.

Ungleichheit in unserem Land

Wir alle sollen den Gürtel also enger schnallen. Seltsamerweise gilt diese Forderung aber gerade für diejenigen nicht, die sie am lautstärksten vortragen. Dabei geht es nicht um die Angestellten der Wirtschaftskammer, sondern um jene Spitzenfunktionär:innen, deren ohnehin hohe Gagen im zweistelligen Prozentbereich erhöht wurden. Harald Mahrer mag Geschichte sein, die Ungleichheit in unserem Land bleibt bzw. verschärft sich weiter.

Wir erleben gerade eine Situation, in der einerseits viele Beschäftigte ihren Job verlieren und andererseits Unternehmen zum Teil sogar höhere Gewinne schreiben. Die Voest hat Mitte November angekündigt, dass sie 340 Arbeitsplätze im obersteirischen Kindberg und Mürzzuschlag abbaut. Gleichzeitig hat sie ihre Geschäftszahlen für das erste Halbjahr präsentiert. Während die Verkaufserlöse um 5,6 Prozent sanken, konnte das Ergebnis nach Steuern um 8,6 Prozent gesteigert werden.

Niedrigere Löhne schaffen höhere Gewinne

Es ist diese Gleichzeitigkeit, die einen kopfschüttelnd zurücklässt. Freilich ist sie in der Logik eines börsennotierten Konzerns stimmig. Es geht hier nicht um die Interessen der Beschäftigten, sondern um die der Aktionäre. Höhere Gewinne bedingen niedrigere Löhne. Sind Teilbereiche nicht (ausreichend) profitabel, so werden sie verkleinert oder geschlossen.

Insgesamt wächst Österreichs Industrieproduktion seit rund einem Jahr wieder. Auch das BIP soll im kommenden Jahr um rund ein Prozent steigen. Bei den Beschäftigten kommt davon aber nichts an. Es verdichten sich die Meldungen über Jobabbau und Produktionsverlagerung ins Ausland.

Steigende Arbeitslosigkeit trifft auf eine viel zu hohe Inflation. Dabei liegt diese wieder deutlich über dem Schnitt der Eurozone. Es darf daher angenommen werden, dass Österreichs Politik nach wie vor irgendetwas schlechter als in anderen Staaten macht. Und es darf nicht sein, dass die Krisenlasten eins zu eins auf die breite Masse der Bevölkerung überwälzt werden.

Was also tun?

Die vergangenen Jahre haben eines gezeigt. Überall dort, wo sinnvoll eingegriffen wurde und das Geschehen nicht den Märkten bzw. den Unternehmen überlassen wurde, wurde die Krise besser gemeistert. Nicht Lohnverzicht, sondern eine Politik, die gestaltend eingreift, ist die Lösung der strukturellen Probleme der österreichischen Industrie.

Dafür ist es aber auch nötig, sich dem Wunschzettel der Konzerne und Lobbyisten zu widersetzen. Lohnnebenkostensenkungen und eine zum wiederholten Male niedrigere Körperschaftssteuer sind gewiss kein Rezept. Nicht alles, was in Österreich in den vergangenen Jahren (wirtschaftlich) erfolgreich produziert wurde, hat Zukunft, umgekehrt gibt es ungenutzte Potenziale.

Es ist die Politik gefordert, steuernd einzugreifen und den Transformationsprozess, der bereits im Gang ist, so zu gestalten, dass er im Interesse der in Österreich lebenden Menschen ist. Bisher fehlt eine Strategie für Österreichs Industrie. Bleibt zu hoffen, dass sich das bald ändert, denn sonst reiht sich weiterhin eine Krisenmeldung an die nächste.

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