
Trara, der Sonntag ist da…
Die Wiener Sonntagsallianz stemmt sich vehement gegen eine Aufweichung der Öffnungszeiten, speziell wenn es die Sonntagsruhe betrifft. Leider gibt es aktuell wieder Grund zur Besorgnis, da der arbeitsfreie Sonntag von Wirtschaft und Politik durch schleichende Aushöhlung in Gefahr ist. Zum einen ist im Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und NEOS eine „Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten“ in Planung, welche grundsätzlich das Tor zur Sonntagsöffnung sein kann.
Autor: Christian Lindmeier (gewerkschaftlicher Sprecher der Wiener Sonntagsallianz und Betriebsratsvorsitzender der Leder & Schuh AG) Foto: saravut vanset/pexels.com
Zudem lässt sich die Post aufgrund ihrer Profitgier als Rammbock gegen das Öffnungszeitengesetz missbrauchen. Der Test „Sonntagszustellung in Wien“ wird weiter ausgebaut und auch für weitere Orte in Österreich wird bereits fleißig Personal – sogenannte Sunday-Heroes und Co-Heroes – gesucht. Das sind Zusteller:innen und Lagermitarbeiter:innen, welche mit attraktiven Zahlungen zur Sonntagsarbeit angelockt werden. Sobald aber das Projekt einmal laufen sollte, ist hier zu befürchten, dass die Sonderzahlungen eingestellt werden und die Sonntagsarbeit in einen normalen Dienstplan einfließen wird.
Die Entscheidungsträger der österreichischen Post sind dafür verantwortlich, dass die Lebensqualität in den Städten durch die Störung der Sonntagsruhe sinkt: der Verkehr nimmt zu, der Lärm nimmt zu, der stationäre Handel stirbt! Internationale Unternehmen, die es mit den Steuern nicht so genau nehmen, werden gefördert.
Denn die Sonntagszustellung kann nur dann funktionieren, wenn auch Pakete am Sonntag abgeholt werden können. Hier bekommt das Online-Geschäft mit 24/7 ein neues Gesicht: nämlich Mitarbeiter:innen in Lagerhallen und auf Geschäftsflächen, welche nahezu rund um die Uhr die Post mit Paketen füttern. Natürlich sind hier auch Techniker:innen, Sicherheitspersonal und Service-Mitarbeiter:innen in Bereitschaft usw. betroffen. Nicht vergessen darf man auf den Personalbedarf bei den Nachlieferungen in den Geschäften und den Lagerhallen. Auch ein Nachziehen anderer Lieferdienste ist zu befürchten.
Wir steuern damit auf einen siebenten Werktag zu!
Doch ist dieser wirklich nötig? Die Wiener Sonntagsallianz hält dagegen und spricht sich hier für ein eindeutiges NEIN aus! Das Argument, dass in anderen Ländern die generelle Sonntagsarbeit bereits Standard sei, ist grundsätzlich ein Mythos, aber muss man immer Nachahmer sein? Können wir nicht stolz auf unser Kulturgut „freier Sonntag“ sein? Wir sind hier Vorreiter und haben dadurch etwas, was es zu verteidigen gilt : den positiv behafteten SONNTAG!
An dieser Stelle sei erwähnt, dass es ganz ohne Sonntagsarbeit nicht funktionieren würde, den freien Sonntag aufrechterhalten zu können: Beschäftigten notwendiger Berufe, wie Einsatzkräfte, Pflegepersonal, etc. gilt unsere ganze Dankbarkeit und voller Respekt für ihre Arbeit. Doch allen anderen Berufen einen freien Sonntag zu streichen, wäre ein großer Verlust für unsere Gesellschaft. Familien, Vereine und Kultur würden darunter leiden, Umweltbelastung und Energieverschwendung aber steigen.
Pakete am Sonntag auszuliefern oder ein Paket am Sonntag zu erhalten, hilft nicht der österreichischen Wirtschaft! Vielmehr geht es hier um einen Verdrängungswettbewerb, den nur die internationalen, großen Handelsunternehmen gewinnen können. Hand auf Herz, nur weil am Sonntag ausgeliefert wird, kauft niemand zwei Mal ein. Es würde sich nur das Kaufverhalten zu Lasten der heimischen Unternehmen verschieben – auf Kosten der Sonntagsruhe!
In diesem Sinne kann man nur auf einen Boykott der Kund:innen rund um die Paketzustellung am Sonntag hoffen. Wollen wir auch auf die Regierung vertrauen, dass sie ihr Vorhaben, die Öffnungszeiten aufzuweichen überdenkt, dem Druck der Wirtschaft standhält und im Sinne der Menschen in diesem Land handeln wird?
Die Wiener Sonntagsallianz bleibt jedenfalls wachsam und hofft auf viele Mitstreiter:innen im leidenschaftlichen Kampf für den freien Sonntag.