Warum bleiben Energiekosten hoch?

Die Regierung wird in diesen Tagen ein neues Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) durch den Nationalrat bringen und zu den Themen Grundversorgung und Preisevorschriften Neues verankern.

Die Grundversorgung war im Herbst 2022 ein gutes Mittel für Verbraucher und Kleinunternehmer, sich gegen allzu rasche Preissteigerungen zu wehren. Die Grundversorgung neu wird wirtschaftlich entwertet. Denn statt auf den Durchschnitt der Bestandskunden-Preise wird nun auf die Neuvertrags-Preise abgestellt. Die steigen rasch an; eine Bremse für Preisanstiege ist die Grundversorgung dann nicht mehr. Der sogenannte Sozialtarif soll nur Kunden zukommen, die von der OBS-Gebühr (Haushaltsabgabe) befreit ist.

Die Regelungen zu Preisänderungen sind sehr verwirrend und jedenfalls gegen die Interessen der Kunden geregelt:

  • Der Oberste Gerichtshof hat in § 80 Abs 2a ElWOG kein gesetzliches Preis-änderungsrecht gesehen (OGH, 28.3.2025, 8 Ob 115/24f). Die Form der Preisänderung musste daher im Vertrag geregelt werden. Das wird nun saniert. Bei unbefristeten Verträgen mit Haushaltskunden wurde nun ein klar gesetzliches Preisänderungsrecht festgeschrieben. Daher erfährt der Kunde nicht bei Vertragsabschluss, sondern erst bei der ersten Preiserhöhung, die Modalitäten derselben.

  • Die Abgrenzung zwischen „dynamischen Preisen“ und Festpreisen ist willkürlich nach den Interessen der E-Wirtschaft gestaltet worden. Denn nun sind nicht nur monatlich veränderbare Preise „dynamisch“ (entsprechend der Entscheidung des OGH) sondern auch quartalsweise Preisänderungen. Nur halb- und ganzjährige Änderungsmöglichkeiten unterliegen dem Regime des § 21 ElWG; „dynamische Preise“ fallen nicht mehr darunter.   
  • Gesetzliche Preisänderungen bei Haushaltskunden mit unbefristeten Verträgen müssen zum Anlass der Preiserhöhung in einem angemessenen Verhältnis stehen.
    Das Verhältnis ist jedenfalls angemessen, wenn es nicht unbillig ist. Das Verhältnis der Änderung ist unbillig, wenn sie treuwidrig erfolgt und für einen sachkundigen und unbefangenen Beobachter die Unrichtigkeit sofort erkennbar ist. Die Latte für die Unbilligkeit liegt hoch.

  • Wenn eine Preiserhöhung unbillig ist, dann fällt diese nicht etwa weg, sondern dann findet eine geltungserhaltende Reduktion auf eine angemessene Entgeltänderung. Damit wird die Judikatur zum Verbot der geltungs-erhaltenden Reduktion bei Individualrecht-streitigkeiten ausgehebelt.

  • Das Kriterium der Zweiseitigkeit einer Preisänderung wird zum Nachteil der Kunden darauf reduziert, dass eine entsprechende Senkung erst nach sechs Monaten stattfinden muss. Der Lieferant kann also bei Vertragsbeginn bei Eintritt des angemessenen Anlasses sofort erhöhen, kann sich aber mit einer Senkung bis zu sechs Monate Zeit lassen.

  • Die Verjährung von Rückforderungsansprüchen wird von 30 Jahren (bei unrechtmäßiger Bereicherung) auf 5 Jahre verkürzt.

Resümee:

  • In Sachen Preisänderungen hat sich die E-Wirtschaft mit Ihren Forderungen maximal durchgesetzt. Diese Regelungen sind daher in dieser Form abzulehnen.

  • Es ist nicht einsehbar, wozu eine gesetzliche Ermächtigung zur Preisänderung die Lieferanten davon befreien soll, solche Bedingungen bereits in den Verträgen vorzusehen.

    Die Alternative ist, jedwede Preisänderungen von der vertraglichen Vereinbarung abhängig und damit kontrollfähig zu machen. Das soll sichtlich unterlaufen werden.

    Dann wären Verbraucherorganisationen weiterhin in der Lage, unangemessene Bedingungen mit Verbandsklagen präventiv aus dem Verkehr zu ziehen.

  • Es ist auch augenfällig, dass auf die Orientierung an Börsepreisen Augenmerk gelegt wird und damit gerade nicht auf die Gestehungskosten, wenn etwa der Verbund zu 100% aus österr. Wasserkraft Strom bezieht und die Anhebung auf den Börsepreis innerhalb des Konzernes hohe Übergewinne bewirkt. Die Orientierung am Merit-Order-Prinzip kann in Wahrheit nur als ein staatlich toleriertes Kartell bezeichnet werden.


Der österreichische Strom- und Gasmarkt ist nur zum Teil privatisiert, weil der Bund beim Verbund mit 51% der Stimmrechte verankert ist und auch die Landesenergieversorger in verschiedener Form letztlich von den jeweiligen Landeshauptleuten abhängig sind. Das ist ein wesentlicher Grund, weshalb in die Übergewinne der Landesenergieversorger kaum eingegriffen wird.

Der zunehmende Bezug von Fernwärme dagegen ist bislang völlig ungeregelt. Hier wäre ein Tätigwerden der Regierung zu fordern, weil es viele Probleme gibt und die Kunden nicht einfach auf eine andere Art der Beheizung ihrer Wohnung umsteigen können.

Peter Kolba (Jurist und Verbraucherschützer)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert