Alles für die Dividende

Leo Furtlehner zur Entwicklung der Post AG

2021 setzte die Post AG erstmals mit der Paketzustellung mehr um als im klassischen Briefgeschäft und es gab einen Zuwachs beim Personal. Für die Chefetage Grund zum Jubeln: „Die Post wird zur Wachstumsfirma“ (Presse, 13.8.2021) ließ der Vorstand medial ausrichten.

Weil durch Corona das Online-Geschäft auf Kosten des klassischen Handels massiv befeuert wurde, gehört die Post AG – neben anderen Paketdiensten und Direktversendern – zu den „Profiteuren der Veränderung“. Die laut Post-Boss Georg Pölzl zum „Sunset Business“ geschrumpfte Briefpost ist hingegen ein Opfer des Trends, auch Rechnungen und behördliche Schreiben per e-Mail zu versenden.

So ging die Zahl adressierter Sendungen von 1,71 (2017) auf 1,32 (2021) Milliarden zurück, analog die Zahl nicht adressierter Werbepost von 3,83 auf 3,18 Milliarden. Im selben Zeitraum stieg hingegen die Zahl der Paketsendungen konzernweit von 269 auf 453 Millionen Stück. Und 2021 lag der Paketsektor mit 49,1 Prozent erstmals vor dem Briefgeschäft mit 48,0 Prozent, die restlichen 2,9 Prozent des Umsatzes entfielen auf Finanzdienstleistungen wie die Bank99 (Geschäftsbericht 2021).

Für die Aktionäre war die Post AG mit einem Jahresumsatz von 2,52 Mrd. Euro (2021) jedenfalls eine Cash-Cow – der Gewinn (EBIT) stieg auf 204,7 Mio. Euro. Die Dividende war seit dem Börsegang von 2006 bis 2019 kontinuierlich auf 2,08 Euro pro Aktie gestiegen, 2020 gab es nur 1,60, dafür 2021 wieder 1,90 Euro für jede der 67,5 Millionen Aktien. Post-Boss Pölzl weiß, wem er gefällig zu sein hat.

Die Vorgeschichte

1996 wurde die Post aus der Budgethoheit entlassen und entsprechend der Privatisierungsstrategie der rot-schwarzen Regierung zerlegt: Die Telekom wurde 1998 ausgegliedert und 2000 an die Börse gehievt, dort hat heute der mexikanische Milliardär Carlos Slim das Sagen. Der Postbus wurde 2000 an die immer noch staatliche ÖBB weitergereicht. Die lukrative Postsparkasse wurde 2005 mit der skandalgeschüttelten BAWAG fusioniert.

Die verbleibende „Gelbe Post“ wurde als Post AG 2006 durch einen Börsegang teilprivatisiert. Aktuell hält die Republik 52,8 Prozent, 47,2 Prozent sind Streubesitz (Österreich 6,6, Nordamerika 18,4, Kontinentaleuropa 13,4, Großbritannien und Irland 8,2, restliche Welt 0,5 Prozent).

Die Postfilialen schrumpften von 2.300 (2000) auf 395 (2021) wurden personell ausgedünnt und sind zu Gemischtwarenhandlungen verkommen. Dafür gibt es zusätzlich 1.362 private Postpartner. Investiert wird von der Post AG primär ins Paketgeschäft.

Mit 58 Prozent Marktanteil ist die Post beim Paketgeschäft führend, gefolgt von DPD und Amazon. 2021 stellte die Post AG in Österreich 184 Millionen Pakete zu, ein Plus von elf Prozent. Zusammen mit den ausländischen Tochterunternehmen in Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Montenegro, Serbien, Slowakei, Ungarn und der Türkei waren es im Vorjahr sogar 453 Millionen Pakete (OTS0090, 19.1.2022).

Verschlechterte Arbeitsbedingungen

Von 2008 bis 2019 schrumpfte die Post AG ihr Personal von 27.002 auf 20.338, seither gab es – vor allem durch die Expansion im Ausland – wieder eine Steigerung auf 27.275 Beschäftigte. Wie locker der Konzern allerdings mit seinem Personal umgeht, wird in der Bewerbung der 2022 gesuchten 1.900 Sommerjobs als Zusteller*innen deutlich. Gelockt wird mit „Viel Abwechslung, Bewegung an der frischen Luft und ein sicheres Gehalt“ (OTS0035, 3. März 2022). Ganz so, als ob ein „sicheres Gehalt“ eigens betont werden müsste und „1.200 Euro Verdienst“ eine besondere Leistung wären.

Vor allem die miserabel bezahlten Zusteller*innen und Schalterbediensteten sind durch ständig wachsenden Leistungsdruck die Opfer der in erster Linie auf die Dividende orientierten Politik des Vorstandes. Etwa wenn im Zuge der Rationalisierung die Rayone der Zusteller*innen immer wieder vergrößert wurden und es heute schon zur Normalität gehört, dass Post oft erst am Nachmittag zugestellt wird und Zusteller*innen um diese Zeit mit ihrem Wagerl im Stadt- gebiet unterwegs sind.

Auf die Beschwerde eines Kunden, dass eine Priority-Post aus Kirchschlag nach Linz erst nach vier Tagen einlangte und eine dringend erwartete Post vom Finanzamt gleich zwei Wochen unterwegs war, kam nur eine automatische Antwort mit Verweis auf ein Kontaktformular.

Wie Belastungspolitik geht, zeigt sich auch etwa daran, dass etwa in Linz nach dem Ausfall billiger Arbeitskräfte aus Tschechien für die Post-Firma Feibra infolge der Corona-Krise Zusteller*innen zusätzlich zur normalen Post auch Gratiszeitungen wie „Rundschau“ und „Tips“ in die Briefkästen deponieren mussten.

Werbesprüche wie „Die Post bringt allen was“ und „Wenn´s wirklich wichtig ist, dann lieber mit der Post“ verkommen daher zum puren Hohn. Darüber, dass die österreichische Post AG im Index des Weltpostvereins mit 85,3 Punkten (Schweiz 100) abgeschlagen rangiert, braucht man sich also nicht zu wundern.

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