Angriff auf die Kollektivverträge

Georg Erkinger zum Thema Leiharbeit

Österreichs Personaldienstleister treten dazu an, die von der Wirtschaftskammer ausverhandelten Kollektivverträge im Bereich der Leiharbeit zu unterlaufen. Beim Verband Österreichs Personaldienstleister handelt es sich um einen 1973 gegründeten Verein, dem rund hundert Mitglieder angehören.

Darunter sind Branchengrößen wie Trenkwalder, die Manpower Group, Powerserv oder I.K. Hofmann. Ende letzten Jahres hat er beim Bundeseinigungsamt den Antrag auf Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit gestellt.

Freiwillig vor gesetzlich

Aktuell gelten im Bereich der Leiharbeit ein Kollektivvertrag für Angestellte und einer für Arbeiter*innen. Der Kollektivvertrag für Angestellte im Gewerbe und Handwerk und in der Dienstleistung, sowie der Kollektivvertrag für Arbeiter*innen im Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung. Beide wurden auf „Arbeitgeberseite“ von der gesetzlichen Interessenvertretung, nämlich der Wirtschaftskammer abgeschlossen.

Grundsätzlich sind im österreichischen Arbeitsrecht neben den gesetzlichen Interessenvertretungen aber auch freiwillige Berufsvereinigungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber kollektivvertragsfähig, sofern sie gewisse Voraussetzungen erfüllen.

Dazu müssen sie sich nach ihren Statuten die Aufgabe stellen, die Arbeitsbedingungen in ihrem Wirkungsbereich zu regeln, in einem größeren räumlichen und fachlichen Wirkungsbereich tätig werden, maßgebende wirtschaftliche Bedeutung haben, sowie in der Vertretung der Interessen gegenüber der anderen Seite unabhängig sein. Auf Antrag muss das Bundeseinigungsamt auf Basis dieser Kriterien – nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen – dann über die Kollektivvertragsfähigkeit entscheiden

Wird einer freiwilligen Berufsvereinigung die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt und schließt diese einen Kollektivvertrag ab, so verliert die gesetzliche Interessenvertretung hinsichtlich der Mitglieder der Berufsvereinigung die Kollektivvertragsfähigkeit.

Im Klartext bedeutet das, dass in einer Branche dann zwei Kollektivverträge gelten. Einmal der von der freiwilligen Berufsvereinigung abgeschlossene, für die eigenen Mitglieder und für den Rest der KV der Wirtschaftskammer. Damit ist der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen Tür und Tor geöffnet. Unternehmen könnten sich durch ein bzw. Austritt in eine freiwillige Berufsvereinigung für einen der beiden Kollektivverträge entscheiden.

Negative Stellungnahme der AK

Aus Sicht der Arbeiterkammer Steiermark ist die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung des Verbandes nicht gegeben. Denn von den 2.291 Mitgliedern im Berufszweig Arbeitskräfteüberlassung in der Wirtschaftskammer gehören lediglich 100 dem Verband Österreichs Personaldienstleister an. Das sind 4,4 Prozent der „Arbeitgeber“. Eine Entscheidung des Bundeseinigungsamtes zur Kollektivvertragsfähigkeit steht zum Redaktionsschluss noch aus.

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