Armut hier, Luxus da

Anne Rieger über Umverteilung in der Pandemie

Während für die teuersten Automarken wie Bentley, Ferrari oder Porsche heutzutage die Reichsten Schlange stehen, die BMW-Tochter Rolls Royce 2021 so viele Luxuskarossen verkauft hat wie noch nie, Lamborghinis für 2022 sogar „ausverkauft“ sind, wird im Gegenzug das Geld bei vielen Menschen immer knapper.

Seit Pandemiebeginn hatte rund jeder dritte Haushalt in Österreich weniger Geld zur Verfügung, bei knapp jedem vierten ist das auch derzeit noch so. Zu dem Ergebnis kommt die Umfrage der Preisvergleichsplattform „durchblicker.at“. „Die Covid-Krise entpuppt sich für viele österreichische Haushalte nicht zuletzt auch als andauernde finanzielle Krise“, so Reinhold Baudisch, Geschäftsführer von durchblicker.

Häufigste Gründe für verringertes Einkommen seien Kurzarbeit (44 Prozent), Wegfall von Überstunden (26 Prozent) und Kündigung (22 Prozent). Im Schnitt vermindere sich das Haushaltseinkommen der Befragten um rund 640 Euro, bei Selbständigen sogar 853 Euro. Zugleich leben schon jetzt über 1,2 Millionen Menschen in Österreich unterhalb der Armutsgrenze. Neun von 10 armutsbetroffenen Familien fehlt Geld für Kleidung, Essen und Wohnen, unterstreicht die Volkshilfe.

Arme werden also ärmer, Reiche dagegen reicher. Zu dem Schluss kommt auch die Oxfam Studie: Die Corona-Pandemie hat aus Sicht der Organisation soziale Ungleichheiten verschärft. Während sich das Vermögen der zehn reichsten Milliardäre verdoppelt habe, lebten über 160 Millionen Menschen zusätzlich in Armut. Dieser – dem Kapitalismus inne wohnende – Widerspruch, zeigt sich auch in Österreich. Hier hatte die Vermögenskonzentration auf einige wenige schon in den letzten Jahren erheblich zugenommen.

2019 hielt das eine reichste Prozent der Österreicher*innen rund 25 Prozent des gesamten inländischen Nettovermögens. Österreich lag damit an dritter Stelle, im Vergleich hinter den USA und den Niederlanden. Die neueste Studie der Nationalbank jedoch zeigt, dass nun das eine reichste Prozent der Österreicher*innen nahezu die Hälfte des gesamten Vermögens Österreichs besitzt. Der Rest der Bevölkerung muss sich die andere Hälfte aufteilen. Dazu kommt, dass Reiche ihr Vermögen gar nicht offen legen müssen. Ganz im Gegensatz zu Sozialleistungsempfänger*innen oder Einkommensteuerpflichtigen.

Eigentumsverhältnisse geschützt

Offensichtlich wurde und wird während der Pandemiemaßnahmen die soziale Spaltung von den Regierenden weiter voran getrieben. Von den Coronahilfen der Regierung profitieren zum größten Teil Unternehmen, so das Momentum-Institut. Rund 62 Prozent bzw. etwa 42 Mrd. Euro der schon ausgegebenen und künftig noch geplanten Mittel wandern zu ihnen, rechnet das Institut vor. Das habe auch den Nebeneffekt, dass damit große private und unternehmerische Vermögen in ihrem Bestand geschützt werden, so der ÖGB. Deutlicher gesagt, es sind die privaten kapitalistischen Eigentumsverhältnisse, die von den Regierenden geschützt werden.

Die größten Kostenblöcke sind Fixkostenzuschuss und Umsatzersatz mit 12 Mrd. Euro. Auf der Einnahmenseite sind es steuerliche Erleichterungen, wie degressive Abschreibung, Verlustrücktrag, Umsatzsteuersenkung inkl. Verlängerung für Gastronomie und Beherbergung. Insgesamt teilen sich die 42,09 Mrd. Euro auf 41,58 Mrd. Euro an Unternehmer*innen, 0,33 Mrd. Euro an Landwirt*innen und 0,18 Mrd. Euro an Künstler*innen auf. Dagegen betragen die Maßnahmen für Arbeitnehmer*innen nur rund 25,98 Mrd. Euro, darunter 75 Prozent der Corona-Kurzarbeits-Mittel (14,25 Mrd. Euro) und Senkung der Einkommenssteuer.

Da rund 80 Prozent der Steuern in Österreich von Beschäftigten und Konsument*innen bezahlt werden, wird die Schieflage immer deutlicher. Die Lohnsteuer der Arbeitnehmer*innen macht mit 29,6 Milliarden Euro ein Drittel der Steuereinnahmen aus. Die Körperschaftsteuer hingegen, deren Großteil von großen gewinnbringenden Konzernen bezahlt wird, macht im Vergleich nur 9,5 Milliarden Euro aus.

Arm trotz Erwerbsarbeit

Die Armutskonferenz bringt einen weiteren Skandal an die Öffentlichkeit. Sie weist auf die 289.000 Menschen hin, die in Haushalten leben, in denen der Verdienst trotz Erwerbsarbeit nicht reicht, um die eigene Existenz – und die der Kinder – zu sichern. Es ist ein Indiz für die unzureichenden Löhne im allgemeinen. Sie zeigen, dass bereits an der Quelle des Wertschöpfungsprozesses, in der Produktion, der Großteil des von den Beschäftigten erarbeiteten Mehrwert in den Händen der Produktionsmittelbesitzer bleibt. Dieser Ausbeutungsprozess wird fortgeführt.

Die während der Pandemiemaßnahmen abgeschlossene Kollektivverträge liegen weit unterhalb der Inflationsrate. Die geschwächte Kampfkraft der Gewerkschaften seit den Pandemiemaßnahmen, angefangen mit dem abrupten Abbruch des SWÖ- Kollektivvertrages, zeigen, dass die Pandemie zur Umverteilung genutzt wird.

Anne Rieger ist Mitglied im Landesvorstand und erweiterten Bundesvorstand des GLB

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