Ausbauen, nicht kaputtsparen!

Georg Fuchs über das Gesundheitssystem

Die Gesundheitssysteme stehen seit langem unter Druck. Unter dem Einfluss von Maastricht-Kriterien, Euro-Stabilitätspakt und dem Lobbying privater „Gesundheitsanbieter“ werden öffentliche Dienstleistungen wie die Gesundheitsversorgung immer öfter Einsparungszielen und Ausgabenlimits unterworfen.

In der Steiermark sollen 800 Krankenhausbetten gestrichen werden. Offiziell soll dies die Qualität des Gesundheitssystems verbessern. Die Strategiepapiere der Landesregierung sehen nicht nur einen massiven Abbau von Spitalsbetten vor. Zwischen 2009 und 2018 wurden in öffentlichen steirischen Krankenhäusern bereits über 550 Betten reduziert. In privaten Kliniken blieb die Bettenanzahl in diesem Zeitraum beinahe unverändert.

Jeder zweite Standort

Die aus SPÖ und ÖVP bestehende Regierungskoalition auf Landesebene möchte auch jeden zweiten Spitalsstandort schließen. Zahlreiche Abteilungen wurden bereits eingespart oder mit anderen Standorten zusammengelegt. Begründet wird dies mit den Fortschritten in der Medizin sowie mit dem Argument, wir würden nicht mehr im Zeitalter der Postkutsche leben.

Die Realität ist aber, dass es sogar auf lebenswichtige Eingriffe Wartezeiten gibt, die die empfohlenen Fristen bei weitem überschreiten. Schon lange vor Corona mussten Patient*innen sehr lange Wartezeiten auf sich nehmen. Als Alternative zur Versorgung in Krankenhäusern und Spitalsambulanzen wurden deshalb ursprünglich 100 „Primärversorgungszentren“, später Gesundheitszentren genannt, ins Spiel gebracht. Diese sollten vor Ort eine Vielzahl von medizinischen Leistungen erbringen und dadurch die (viel teureren) Krankenhäuser entlasten.

Durch den Mangel an Fachpersonal im Gesundheitsbereich ist dieses Ziel in weite Ferne gerückt. Bisher wurde nur eine einstellige Zahl dieser medizinischen „Nahversorger“ realisiert, während am Abbau der Spitäler ungebremst weitergearbeitet wird. Gleichzeitig wird der Mangel an Fachärzt* innen im niedergelassenen Bereich immer problematischer, da sich viele nicht leisten können, auf Wahlärzte auszuweichen, deren Honorare von der Gesundheitskasse nur teilweise rückerstattet werden und von den Patient*innen vorfinanziert werden müssen. Dass es im gesamten Bundesland mit Ausnahme des Großraums Graz seit 2019 keine ärztlichen Bereitschaftsdienste in den Nachtstunden mehr gibt, sei nur nebenbei erwähnt.

Liezen als Experimentierfeld

Experimentierfeld der Landesregierung ist der Bezirk Liezen, flächenmäßig der größte Österreichs. Derzeit sorgen drei Spitäler in Schladming, Bad Aussee und Rottenmann für eine möglichst flächendeckende Versorgung des mit über 3.300 Quadratkilometer großen Gebiets. Trotz einer eindeutigen Absage dieses Vorhabens im April 2019 bei einer Volksbefragung, die im Bezirk auf Druck von Oppositionsparteien, darunter die KPÖ, durchgeführt wurde, setzt die Landesregierung alles daran, ihr Prestigeprojekt „Leitspital“ umzusetzen. Ein Neubau in Stainach soll alle drei bestehenden Krankenhäuser ersetzen. Dass dabei insgesamt an die hundert Betten im Bezirk verloren gehen, bleibt meist unerwähnt.

Die Corona-Krise hat gezeigt, wie wichtig eine dezentrale, dichte medizinische Versorgung ist. Staaten mit genügend Spitalsbetten konnten der Pandemie besser trotzen. Gesundheitsexpert*innen haben erleichtert darauf hingewiesen, dass Österreich im OECD-Schnitt bei Akut- und Intensivbetten vergleichsweise gut dastehe. Österreich liegt auf Platz fünf, mit 28,9 Intensivbetten pro 100.000 Menschen sogar auf Platz zwei hinter Deutschland mit 33,3. Der OECD-Schnitt liegt bei 15,9. Schlusslicht ist unter anderem Italien mit nur 8,6 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner*innen.

Kraker mahnt

Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker machte zu den Kosten des Gesundheitssystems unter dem Eindruck der Corona-Krise eine bemerkenswerte Aussage: Nicht Einsparungen allein, sondern der Nutzen für die Bevölkerung müsse im Vordergrund stehen. Die ehemalige Büroleiterin von LH Schützenhöfer (ÖVP) bringt auf den Punkt, was viele neoliberal indoktrinierte Politiker*innen und Expert*innen nicht hören wollen.

Der KPÖ-Abgeordnete Werner Murgg brachte es im steirischen Landtag auf den Punkt: „Unser System ist bei weitem nicht so gut gerüstet, wie es gerne dargestellt wird. Die Corona-Pandemie war in Österreich nie außer Kontrolle, dafür wurde aber das gesamte Gesundheitssystem auf ein Minimum reduziert. Viele wurden abgewiesen, obwohl sie eine Behandlung gebraucht hätten. Der Rückstau ist massiv. Darauf ist der Abbau von Betten die völlig falsche Antwort.“

Jetzt gilt es, die richtigen Lehren aus den aktuellen Erfahrungen zu ziehen. Während Gesundheitslandesrätin Bogner-Strauß (ÖVP) verlauten lässt, an den geplanten Kürzungen festhalten zu wollen, reißt der Widerstand in der Bevölkerung gegen die medizinische Versorgung nicht ab. Eine klare Haltung ist nötig: Gesundheit darf kein Geschäft sein, ein gutes und dichtes Versorgungsnetz ist ein Grundrecht, das allen Menschen, unabhängig von der Geldbörse, offenstehen muss. Dabei darf es keine faulen Kompromisse geben!

Georg Fuchs ist Mitarbeiter im KPÖ-Landtagsklub Steiermark

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