Ehrenamt Laienrichterin

Heike Fischer sprach mit Sigrid Denkmayr.

Laut Artikel 91 Bundes-Verfassungsgesetz sind Laien an der Rechtsprechung zu beteiligen und gilt dies als Bürgerpflicht. Die Laienbeteiligung wird im gerichtlichen Strafverfahren bei Kapitalverbrechen und politischen Delikten durch Schöffen oder Geschworene verwirklicht. Laienrichter*innen gibt es auch in der Handels-, Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit.

Fachkundige Laienrichter*innen in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit müssen bei der Ernennung das 24. Lebensjahr vollendet haben und höchstens 65 Jahre alt sein, einer Berufsgruppe, für welche sie zu wählen sind, angehören und das Wahlrecht zum Nationalrat haben. Die Amtsdauer beträgt fünf Jahre, eine Wiederwahl ist zulässig.

Die gesetzlichen Interessensvertretungen der Arbeitnehmer*innen und der Arbeitgeber*innen haben die Laienrichter*innen für die vorgesehenen Wahlkörper zu nominieren. Auf Landesebene sind dies die Arbeiter- bzw. die Wirtschaftskammer. „Die Arbeit“ sprach darüber mit Sigrid Denkmayr.

Du bist seit 2016 Laienrichterin am Arbeits- und Sozialgericht in Wels. Wie kam es dazu?

Ein Jahr nach der AK-Wahl 2015 bekam der GLB die Möglichkeit fünf Laienrichter*innen für Oberösterreich zu nominieren. Eine davon war ich und bin es auch jetzt noch in der zweiten Amtsperiode.

Du hast eine kaufmännische Ausbildung und bist seit vielen Jahren im Bereich der Schulassistenz tätig. Was hat dich bewogen, ehrenamtlich als Laienrichterin tätig zu werden?

Interesse an Recht und Gesetzgebung war bei mir schon immer vorhanden, ursprünglich wollte ich sogar Jus studieren. Aber berufliche Wege verlaufen manchmal anders als geplant. Durch meine Tätigkeit im Betriebsrat wurde ich aber immer wieder mit Fragen zum Arbeits- und Sozialrecht konfrontiert. Ich mag es, Theorie und Praxis zu verbinden, dazu gibt mir der Einsatz als Laienrichterin die Möglichkeit.

Das bestätigte sich bereits bei der dreitägigen Einführungsschulung durch die AK Wels. Erfahrene Vortragende belegten die gesetzlichen Grundlagen mit gut ausgewählten Praxisbeispielen. Schon kurze Zeit später wurde ich zur ersten Verhandlung geladen. Am ersten Verhandlungstag legte ich vor dem Richter das Gelöbnis ab und erhielt die Urkunde als Laienrichterin.

Wie häufig kommst du zum Einsatz? Wie bereitest du dich auf eine Verhandlung vor?

In den vergangenen fünf Jahren habe ich sieben oder acht Verhandlungstage absolviert. Bei uns ist es üblich, dass pro Tag mehrere, manchmal bis zu zehn kurze Verhandlungen durchgeführt werden. Vier Wochen vorher erhalte ich eine offizielle Ladung. Dann informiert mich der zuständige Richter, um welchen Themenkomplex es geht, etwa um die PVA. Vorteilhaft ist, dass ich immer mit demselben Richter zusammenarbeite. Mit ihm kann ich gute Fachgespräche führen und von ihm lernen.

Wie kann ich mir den Ablauf einer Verhandlung vorstellen?

Bei einer Verhandlung sitzen sowohl der hauptamtliche Richter als auch die zwei Laienrichter*innen, eine von Seiten der Wirtschaft, eine von Arbeitnehmer*innenseite nominiert, an einem Tisch und beraten miteinander. Häufig sind Sachverständige geladen, die durch alle drei befragt werden können. Gemeinsam kommen wir dann zur Urteilsfindung.

Und um welche Themen geht es bei den Verhandlungen?

Meistens geht es um sozialrechtliche Themen wie beispielsweise Feststellung von Pflegestufen bei älteren oder beeinträchtigten Menschen oder auch die Berechtigung zum vorzeitigen Pensionsantritt. Arbeitsrechtlich habe ich mich auch schon mit der Anfechtung von Kündigungen oder Entlassungen beschäftigt. Schwierig ist es für mich, wenn ich auf Grund der Rechtsprechung mein soziales Herz ausschalten muss, denn ich sehe sehr wohl die Schicksale hinter manchen Entscheidungen. Gerade wenn Kinder involviert sind, bin ich manchmal erschüttert. Erschreckend ist auch, wie viel sichtbare Armut ich in manchen Fällen wahrnehme. Urteilsfindung ist einfach nur fakten- und beweisorientiert. Wir müssen objektiv und unparteilich sein.

Gibt es neben den Gesprächen mit dem Richter weitere Fortbildungsmöglichkeiten?

In Oberösterreich ist die Fortbildung der Laienrichter*innen über die Arbeiterkammer super organisiert. In unterschiedlichen 2-Tages-Modulen wird über Arbeits- und Sozialrecht informiert und praktische Fälle werden gemeinsam mit einem Juristen aufgearbeitet. Außerdem erhalten wir aktuelle Skripten zum Nachlesen. In Oberösterreich gibt es zudem den Club der Laienrichter*innen als Begegnungsforum. Neben den rechtlichen Inputs steht hier der Erfahrungsaustausch im Vordergrund.

Wird dein Ehrenamt als Laienrichterin irgendwie abgegolten?

Für die Verhandlungstage muss ich mir in meinem Betrieb Zeitausgleich oder Urlaub nehmen, sie passieren also in meiner Freizeit. Vom Gericht bekomme ich allerdings die Fahrtkosten und einen stundenweisen Pauschalbetrag erstattet.

Danke, Sigrid, ich wünsche dir weiterhin viel Engagement und Erfolg bei deiner Tätigkeit als Laienrichterin.

Sigrid Denkmayr ist Koordinatorin der Schulassistenz und Betriebsrätin im Zentrum Spattstraße und Laienrichterin

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