Ein heißes Eisen

Leo Furtlehner zum Thema Finanzausgleich

Seit Jahresanfang 2023 wird wieder über den Finanzausgleich verhandelt. Ein Thema, das, wie die ganze Budgetpolitik von Bund, Ländern und Gemeinden, so sperrig ist, dass es die breite Öffentlichkeit kaum interessiert.

Obwohl es eine wesentliche Grundlage der Politik mit Auswirkungen auf so ziemlich alle Lebensbereiche ist, gelten doch Budgets der Gebietskörperschaften als „in Zahlen gegossene Politik“.

Der Finanzausgleich betrifft die Verteilung wesentlicher Steuermittel – nämlich der sogenannten gemeinschaftlichen Bundesabgaben – auf die drei Gebietskörperschaften. Laut Bundesbudget 2022 wurde dabei ein Volumen von 101,5 Mrd. Euro von 33 Steuern und Abgaben nach unterschiedlichen Aufteilungsschlüsseln verteilt, wobei im Ergebnis der ersten – sogenannten vertikalen – Verteilung der Bund 67, die Länder 20 und die Gemeinden 13 Prozent erhielten.

Die zweite Verteilung

Das ist freilich nur der Anfang, dem eine zweite – die sogenannte horizontale – Verteilung des Anteils der Gemeinden auf der Länderebene folgt. Diese erfolgt zu 17,2 Prozent nach der Volkszahl, zu 58,5 Prozent nach einem abgestuften Bevölkerungsschlüssel – der zwischen 1,61 bis zu 10.000 und 2,33 ab 50.000 Einwohner*innen beträgt – und zu 24,3 Prozent als Fixschlüssel. Damit nicht genug halten sich die Bundesländer in unterschiedlicher Weise durch einen Vorwegabzug, die Landesumlage, Spitalskosten- oder Sozialhilfeverbandsbeiträge schadlos – natürlich auf Kosten der Gemeinden. Denn den Letzten beißen bekanntlich die Hunde.

Der Finanzausgleich ist keine Erfolgsgeschichte, da er „immer nur mit wenigen Änderungen einfach fortgeschrieben wird“ wie der emeritierte Linzer Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider anmerkt (OÖN, 25.2.2023). Vor allem, weil es ein krasses Missverhältnis zwischen dem geringen Anteil aus dem Steuerkuchen und den enormen Leistungen und Investitionen der Gemeinden gibt. Als Folge müssen die Kommunen um Bedarfszuweisungen der jeweiligen Länder betteln – und bekommen von diesen wiederum Mindestsätze für Gebühren und Abgaben vorgeschrieben, womit die in Sonntagsreden beschworene Gemeindeautonomie zur Farce wird.

Gemeinden unter Druck

Die Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinden sind somit recht gering, zumal sie nur in bescheidenem Maße eigene Steuern – im Wesentlichen ist das die Kommunalabgabe und die Grundsteuer – einheben dürfen. Hingegen sind die Länder – die de facto keine eigenen Steuern einheben – in einer bequemen Position. Sie blockieren seit Jahrzehnten einen wirklichen Finanzausgleich, kassieren mächtig aus den Bundesabgaben und plündern in unterschiedlicher Weise zudem ihre Gemeinden aus.

Wohin das führt zeigt sich etwa am Beispiel von Linz. Die oö Landeshauptstadt zahlt laut Budget 2023 an das Land eine Landesumlage von 31,27 Mio. Euro und einen Sprengelbeitrag von 77,21 Mio. Euro und weist insgesamt einen negativen Transfersaldo von 85,99 Mio. Euro auf. Bei einem Anteil von 13,8 Prozent an der Bevölkerung wird Linz beim Transfer mit 17 Prozent, bei der Landesumlage sogar mit 22,3 Prozent belastet.

Der Ruf nach einer Steuerhoheit der Länder geht allerdings in die falsche Richtung. Würde doch damit nur der ohnehin schon extreme Föderalismus weiter verstärkt oder gar die Gemeinden finanziell noch stärker ausgehungert. Etwa wenn Finanzminister Brunner treuherzig-verlogen meint „Aus meiner Sicht wäre die Grundsteuer beispielsweise eine Steuer, die dafür in Frage käme“ (OÖN, 11.2.2023).

Wollte der Finanzminister den Gemeinden helfen, dann müsste er sich dafür stark machen, dass die Grundsteuer nicht mehr nach dem hoffnungslos veralteten Einheitswert, sondern nach dem aktuellen Verkehrswert von Grundstücken bemessen wird. Und ebenso, dass die Kommunalabgabe nicht nach der reinen Lohnsumme (derzeit drei Prozent), sondern nach der Wertschöpfung der Unternehmen und damit der enormen Rationalisierung bemessen wird.

Der Ruf nach einer anderen Verteilung ertönt zwar seit Jahrzehnten, scheiterte bislang aber an der Blockade des Föderalismus, der – etwa durch Abschaffung der neun Landesgesetzgebungen zugunsten bundesweiter Gesetze – auf ein Minimum zurechtgestutzt gehört. Die Rede ist von einem aufgabenorientierten Finanzausgleich, bei dem die Zuständigkeiten klar geregelt werden. Etwa die Länder für Spitäler und Pflege, die Gemeinde für Kindereinrichtungen und Sozialhilfe.

Krasses Missverhältnis

Das Missverhältnis zwischen dem Anteil aus dem Finanzausgleich und den zu tätigenden öffentlichen Investitionen ist eklatant: Den 13 Prozent für die Gemeinden steht deren Anteil von 39 Prozent (ohne Wien) bei den Investitionen gegenüber (Bund 39, Länder 19, Sozialversicherungen drei Prozent). Handlungsbedarf für einen einigermaßen gerechten Finanzausgleich ist also gegeben. Die Schlüsselfrage dabei ist freilich nicht, den „reichen“ Gemeinden zugunsten der „armen“ etwas wegzunehmen, sondern den Topf der gemeinschaftlichen Bundesabgaben durch eine angemessene Besteuerung hoher Profite und großer Vermögen zu vergrößern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert