Ein kämpferischer Gewerkschafter

Gedenken an Gottlieb Fiala (1891-1970)

Am 14. Oktober 1891 in Trebitsch (Mähren) als Sohn eines Schuhmachers geboren übersiedelte Gottlieb Fiala 1893 nach Wien, erlernte nach dem Besuch der Bürgerschule von 1905 bis 1908 das Gewerbe „Taschner und Stanzer“.

Schon 1904 Mitglied der Gewerkschaft der Leder- und Schuharbeiter wurde er 1908 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei. Von 1908 bis 1913 war er „auf der Walz“ durch ganz Europa und als Mitglied der Handelsmarine sogar in Amerika. Auf seiner Wanderung aufgegriffen, wurde er nach Österreich-Ungarn abgeschoben und zum Militär eingezogen.

Als Soldat im Ersten Weltkrieg zum Zugsführer befördert, aber wieder degradiert, geriet er in russische Kriegsgefangenschaft. In der Nähe von Tula war er an der Organisierung österreichischer und deutscher Kriegsgefangenen beteiligt. Bereits 1917 auf der Seite der Bolschewiki war er Freiwilliger in der Roten Armee im Kaukasus.

Nach seiner Berufung nach Moskau arbeitete er unter österreichischen Kriegsgefangenen in Odessa und Moskau. In dieser Zeit lernte er auch seine spätere Frau, eine gebürtige Russin und glühende Gegnerin des Zarismus kennen.

Ende 1918 kehrte Fiala nach Österreich zurück und wurde ein Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschösterreichs und vertrat die KP im Wiener Arbeiterrat und im Reichsarbeiterrat.

Bereits auf dem 3. Parteitag der KPDÖ, im Dezember 1919, war er Delegierter und leitender Funktionär. Am 5. Parteitag, im März 1922, wurde Fiala in den Parteivorstand gewählt, dem er bis 1929 angehörte.

In der Zeit der die Partei lähmenden Fraktionskämpfe gehörte er den „Tomaniten“ um Parteichef Karl Tomann an. Im Zuge der „Bolschewisierung“ schwor er seinen „ultralinken Fehlern“ ab und wechselte zu der von Moskau unterstützten „Mittelgruppe“ um Johann Koplenig.

Im November 1923 wurde er zum „Reichssekretär“ bestimmt, ab November 1924 war er Organisationssekretär. Fiala gehörte 1924 dem erstmals gewählten Politbüro an, ab September 1925 war er Sekretär („Vorsitzender“) des Polbüros.

Am 5. (1924) und 6. (1928) Weltkongress der Kommunistischen Internationale (Komintern) war er Delegierter der KPÖ und trat als Redner auf. Von 1924 bis 1927 war er Vertreter der KPÖ im Exekutivkomitee der Komintern (EKKI).

Der Komintern-Vorsitzende Grigorij E. Zinovev hatte ihn als persönlichen Vertrauensmann für Österreich bestimmt. Im September 1929 legte er im Zuge innerparteilichen Streites sämtliche politische Funktionen zurück und widmete sich der Gewerkschaftsarbeit.

Fiala wurde zum Betriebsratsobmann der Schuhfabrik Bally in Wien- Ottakring gewählt. Nach dem Verbot von KPÖ, Sozialdemokratie und Gewerkschaften in der Zeit des Austrofaschismus wurde Fiala 1934 Vorsitzender der illegalen Leder- und Schuharbeitergewerkschaft und später zweiter Vorsitzender der Gewerkschaft der illegalen Textil-, Leder- und Schuharbeiter. Seine illegale Tätigkeit setzte Fiala auch in der NS-Zeit trotz Anzeigen und Hausdurchsuchungen fort.

Ab Februar 1945 war er einer der engsten Mitarbeiter von Josef Lauscher, der nach der Flucht aus einem Außenkommando des KZ Mauthausen in Wien-Simmering kommunistische Widerstandsgruppen reorganisierte. Fiala wurde wieder Mitglied des Zentralkomitees und des Politbüros der KPÖ.

Am 15. April 1945 wurde Fiala zum provisorischen Vorsitzenden der Gewerkschaft der Leder- und Schuharbeiter nominiert. Er nahm an den Gesprächen mit sozialdemokratischen und christlichsozialen Gewerkschaftern teil, die am 28. April zur Gründung des überparteilichen Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) führte.

Am 30. April wurde er Vizepräsident des ÖGB und war auch Vorstandsmitglied der AK für Wien, NÖ und Burgenland.

Am 5. Mai 1947 war er einer der Redner auf der „Hungerdemonstration“ vor dem Bundeskanzleramt. Diese von der KPÖ unterstützten Demonstrationen richteten sich vor allem gegen die Lohn-Preis-Abkommen, die die kapitalistische Restauration auf Kosten der Lohnabhängigen vorantrieben.

In der am 26. September 1950 abgehaltenen Vorständekonferenz des ÖGB, in der das 4. Lohn-Preis-Abkommen genehmigt wurde, sprach sich Fiala als Sprecher der kommunistischen Fraktion gegen das Überein- kommen aus.

Im darauffolgenden „wilden“, d. h. gegen die Regierung und die offizielle Arbeitnehmervertretung gerichteten Oktoberstreik war Fiala eine der führenden Personen. Nach der Niederlage des Oktoberstreiks wurde Fiala am 16. Oktober 1950 auf Antrag des SPÖ- Nationalratsabgeordneten Michael Frühwirth, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Textil-, Leder- und Bekleidungsarbeiter, aus der Gewerkschaft ausgeschlossen; der Beschluss wurde am 19. Oktober vom Vorstand des ÖGB bestätigt. Dem Ausschluss folgte die Kündigung als ÖGB-Angestellter auf den Fuß.

Vom 1949 bis 1954 war Fiala der einzige Bundesrat der KPÖ. Bei der Bundespräsidentenwahl 1951 erhielt er als Kandidat des „Linksblocks“ fast 220.000 Stimmen bzw. 5,1 Prozent. Ab 1952 war Fiala Vorsitzender der Gewerkschaftlichen Einheit und Mitglied des Generalrats des Weltgewerkschaftsbundes (WGB).

Bis 1965 war er in führenden Parteipositionen tätig. Fiala starb am 28. Dezember 1970 in St. Andrä an der Traisen. Die Gedenkrede beim Begräbnis am Zentralfriedhof hielt Anton Benya: „Den Klassenkampf hat Fiala zeit seines Lebens nicht aufgegeben.“

Auf Initiative des GLB kam es am 29. Oktober 2015 im ÖGB-Bundesvorstand de facto zur Rehabilitierung aller Kolleg*innen, die nach dem Oktoberstreik 1950 aus dem ÖGB ausgeschlossen wurden.

Der Empfehlung der im Vorfeld eingerichteten Historiker*innenkommission, die damals erfolgten Ausschlüsse für nichtig zu erklären, kam der ÖGB jedoch bislang nicht nach.

Foto: Die drei Gründer des ÖGB im April 1945 – Lois Weinberger (ÖVP), Johann Böhm (SPÖ) und Gottlieb Fiala (KPÖ)

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