Mitsprache unerwünscht

Leo Furtlehner über patriarchalische Gepflogenheiten in der Wirtschaft

Dass gewisse Unternehmen mit einem im 19. Jahrhundert üblichen Verständnis nach dem Motto „Der Herr im Hause bin ich“ allergisch auf Interessenvertretungen oder Betriebsratswahlen reagieren, ist nicht neu. So überrascht es auch nicht, dass sich solche Fälle in der Corona-Krise häufen.

Einen Tag nachdem bei der Firma Meinhart in Sankt Florian (OÖ) zur Betriebsversammlung eingeladen wurde, kündigte die Firmenleitung fünf Beschäftigte. Mit Unterstützung der Gewerkschaften konnten sich zwei Betroffene außergerichtlich auf Wiedereinstellung oder Abfertigung einigen, drei weitere kämpfen noch um ihren Arbeitsplatz. Die Wahl fand trotzdem statt.

In Graz wollte Friedrich Santner, Geschäftsführer der Anton Paar GmbH mit allen Mitteln die erstmalige und ordnungsgemäß in die Wege geleitete Wahl eines Betriebsrates verhindern. Dazu wurde passenderweise in einer Mail vom 19. Mai das Corona-Virus bemüht, um grundlegende Rechte der Beschäftigten auszuhebeln. Obwohl seit Beginn der Covid-19-Krise in anderen Betrieben bereits Betriebsratswahlen stattgefunden hatten.

Ein weiterer Fall einer gerichtlichen Verfügung lag bei der Firma Schiebel Elektronische Geräte GmbH vor: „Wir brauchen dringend und rasch eine rechtliche Klarstellung der Bundesregierung, dass die Pandemie kein Grund sein kann, Betriebsratswahlen nicht abzuhalten. Vor allem, wenn man bedenkt, dass von den Beschäftigten gleichzeitig selbstverständlich die volle Arbeitsleistung verlangt wird“, stellte dazu Barbara Teiber, Vorsitzende der GPA-djp fest.

Im Parfümerieunternehmen Douglas in Wien hatte Sabrina E. im Sommer 2019 gemeinsam mit anderen Kolleg*innen versucht, eine Betriebsratswahl einzuleiten und wurde daraufhin gekündigt. Sie bekam im Frühjahr 2020 mit ihrer Klage beim Arbeits- und Sozialgericht Recht, ihre Kündigung wurde als gegenstandslos erklärt. Woraufhin die fristlose Entlassung durch die Douglas-Geschäftsführung wegen „geschäftsschädigendem Verhalten“ erfolgte, die freilich von der GPA-djp vor Gericht angefochten wird.

Über 250 Menschen solidarisierten sich bei einer Kundgebung mit der entlassenen Betriebsratskandidatin Sabrina E., die angekündigt hat, sich weiterhin für die Gründung eines Betriebsrates im Unternehmen einzusetzen.

Eine andere Version demokratische Rechte auszuhebeln wurde bei der Landarbeiterkammerwahl in Niederösterreich praktiziert. Dort packelte die ÖVP-Mehrheit mit der SPÖ eine Sitzverteilung ohne Wahl aus. Die 21.000 Wahlberechtigten wurden damit de facto um ihr Wahlrecht gebracht.

Das alles erinnert stark an den Sager des Welser Bäckerkönigs Josef Resch, Eigentümer von Resch & Frisch, der 2015 treuherzig meinte: „Im Süden der USA ist die Gewerkschaft inzwischen verboten worden. Ich wäre dafür, dass man das bei uns auch macht“ (WT1, 26.11.2015)

Die Methode, Beschäftigte, die sich für eine gesetzlich vorgesehene Interessenvertretung einsetzen, mit aller Kraft als „Störenfriede“ aus dem Betrieb hinauszuekeln, darf nicht zur „neuen Normalität“ werden.

Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“

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