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Brigitte Promberger über Frauen in Corona-Zeiten

„Geht es um die Frauenarbeitslosigkeit ist das Wort ,besorgniserregend‘ ein Hilfsausdruck“, warnt Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende, in einer Presseaussendung im Jänner 2021.

In Handel und Tourismus sind überwiegend Frauen beschäftigt, das bedeutet, dass in manchen Tourismusregionen die Frauenarbeitslosigkeit um 800 bis 1.250 Prozent gestiegen ist. Die Folgen der Krise werden am Arbeitsmarkt für diese Berufe noch lange spürbar sein. Das wirkt sich dramatisch auf das Erwerbseinkommen und auf die Pensionshöhe aus. Schumann fordert von der Bundesregierung wirksame arbeitspolitische Maßnahmen mit Fokus auf die Frauen.

Traditionelle Rollenzuschreibung

Was die Corona-Krise an die Oberfläche gebracht und somit für alle so deutlich sichtbar gemacht hat, ist kein Problem erst seit der Krise. Die in Österreich nach wie vor stark verankerten traditionellen Rollenzuschreibungen bedeuten, dass Frauen unbezahlte Arbeit – Haushalt, Pflege, Kinderbetreuung – zu zwei Drittel übernehmen, was in weiterer Folge geringe Einkommen durch Erwerbsarbeit (häufig Teilzeit) und spätere Pensionsverluste bis zu Armutsgefährdung zur Folge hat.

Die systemrelevanten Berufe werden zu 70 Prozent von Frauen geleistet, die Einkommen derselben zählen zu den geringsten in Österreich. Frauen in systemrelevanten Berufen sind überdurchschnittlich gefragt – was jedoch auch weiterhin nicht zur dringend überfälligen finanziellen Aufwertung dieser Branchen führt.

Auf der anderen Seite betrifft die Corona-Arbeitslosigkeit zu einem hohen Ausmaß Frauen. Bereits zwischen Februar und Juni 2020 waren Frauen zu 85 Prozent vom Anstieg der Arbeitslosigkeit betroffen. Durch den Wegfall der gesamten Wintersaison im Tourismus hat sich die Arbeitslosigkeit vehement gesteigert, was Schumann sehr drastisch darstellt.

Doch während für Unternehmen diverse Sicherheitsschirme und –netze gespannt werden, sieht die Situation für Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, deutlich anders aus. 55 Prozent Arbeitslosenunterstützung mit einer Einmalzahlung, die auch für viele nicht zur Geltung kommt – was für ein Zynismus.

Durch sämtliche Netze

Darüber hinaus fallen viele Frauen in Teilzeit- und anderen prekären Arbeitsverhältnissen durch sämtliche Sicherheitsnetze der Covid-Hilfen der Bundesregierung, die sich deutlich an der Arbeitswelt von vorwiegend gut situierten Männern orientieren. Die Senkung des Einkommenssteuersatzes von 25 auf 20 Prozent kommt um ein Viertel mehr Männern zugute, während das untere Einkommensfünftel (zu 70 Prozent Frauen) davon gar nicht betroffen ist.

„Die aktuelle Krisenpolitik der Regierung […] ist im Wesentlichen eine Politik von Männern für Männer, die Geschlechterverhältnisse ignoriert“, so die politische Ökonomin und Aktivistin Elisabeth Klatzer. Und diese Politik dient den Männern der Wirtschaftseliten: Geschenke an Unternehmen, die nicht jenen zugutekommen, die es brauchen, Ausschüttung von Dividenden, während Kurzarbeit und Kündigungen vorgenommen werden, Steuerentlastungen, die ausschließlich der Gewinnmaximierung dienen.

Erwerbsarbeit ist nach wie vor wesentlicher Bestandteil von Identität und Status. Ein patriarchales Gebilde, das der Machterhaltung dient.

In der Krise zeigt sich, dass das derzeitige Wirtschafts- und Gesellschaftssystem durch unter- und unbezahlte Arbeit von Frauen aufrechterhalten wird. Waren Frauen von Anfang an vorwiegend in atypischen und prekären Arbeitsverhältnissen, so trifft das nun zunehmend auch mehr Männer. Die Gewerkschaften haben an Machtpotential verloren, die Regierungen folgen neoliberalen Wirtschaftsvorgaben – zu Lasten des Sozialstaats.

Initiative von Femme Fiscale

Bereits im April 2020 wurden feministische Gruppen aktiv, um die drohende Verschiebung der Geschlechterverhältnisse zu thematisieren. So initiierte „Femme Fiscale“, ein Netzwerk von Expertinnen und Aktivistinnen aus verschiedenen Bereichen, ein „Feministisches Konjunkturpaket – 12 Milliarden für ein gutes Leben – für Alle!“. Darin enthalten sind ein Zukunfts- und Bildungspaket, ein Pflegepaket und ein Solidaritäts- und Lebensrettungspaket.

Das feministische Konjunkturpaket baut auf Forderungen vieler Institutionen auf und sieht sich als Gegenprogramm zur Krisenpolitik der Regierung. Femme Fiscale: „Es [Anm.: feministisches Konjunkturpaket] zeigt den Weg in rasche Erholung der Wirtschaft und den dringend nötigen Umbau, um die Bedürfnisse von Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Investitionen in die Zukunft, in Bildung, Pflege und Gesundheit schaffen zumindest doppelt so viel Jobs als Investitionen in ,Beton’.“

Doch es geht nicht nur um Arbeitsplätze – es geht um ein besseres Leben für alle. Es geht um Verkürzung der Lohnarbeitszeit, um bessere Verteilung der Gesamtarbeit (Erwerbsarbeit, politisch-gesellschaftliches Engagement, Pflege und persönliche Entwicklung) und um Steuergerechtigkeit. Diese ist ein maßgeblicher Faktor zur gesamtgesellschaftlichen Ausrichtung. Und dieser dringend nötige Umbau geht nicht von allein von statten. Es braucht eine starke gesellschaftliche Bewegung mit gebündelten Kräften vieler Organisationen – und diese muss LAUT sein.

Brigitte Promberger ist Betriebsrätin im Literaturhaus Salzburg und GLB-Arbeiterkammerrätin

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