Selbstbewusst und streikbereit
Vor acht Monaten sorgte ein Entwurf des Bildungsministeriums für Furore an Österreichs Schulen. Freizeitpädagog:innen sollten mit massiven Verschlechterungen in den öffentlichen Dienst überführt werden.
Eine Aktions- und Streikwoche quer durch ganz Österreich zwang das Ministerium schließlich an den Verhandlungstisch und nach sieben Verhandlungsrunden liegen nun erste Erfolge vor.
Freizeitpädagogik bleibt – Ausbildung wird ausgebaut
Im Oktober gelang der bis dato wichtigste Erfolg: Der Betriebsrat der Wiener Freizeitpädagog:innen verkündete „die Anerkennung der Freizeitpädagogik als eigenständigen Bereich und die Absicherung des Berufsbildes als eigenständige Profession“. Die neue Berufsbezeichnung soll „Freizeit- und Stützpädagog:in“ lauten und anstatt der geplanten Halbierung der Ausbildung wurde von Seiten des Ministeriums versichert, dass es zu einer qualitativen Aufwertung der Ausbildung kommen soll.
Gehalt und Arbeitszeit bleiben Konfliktpunkte
Obwohl das neu vorgelegte Gehaltsschema deutlich nachgebessert wurde und der aktuellen Lohntabelle stark ähnelt, plant das Ministerium 41(!) Wochenstunden bei 32 Kinderstunden. Im Vergleich mit der hart erkämpften 37-Stunden-Woche im SWÖ-Kollektivvertrag und den damit inbegriffenen 28 Kinderstunden, stößt der Vorschlag des Ministeriums auf entschiedene Ablehnung seitens des Verhandlungsteams der Freizeitpädagog:innen. Es wird eine Reform gefordert, die klare Verbesserungen der Arbeitsbedingungen mit sich bringt. Die Betroffenen zeigen sich zu Recht selbstbewusst und streikbereit.
Organizing statt Stellvertreterpolitik
Dass die Wiener Freizeitpädagog:innen dem Bildungsministerium die Stirn bieten können, ist das Ergebnis jahrelanger linker Gewerkschaftsarbeit. Der Betriebsrat von Bildung im Mittelpunkt um die Vorsitzende Selma Schacht setzt dabei auf die aktive Einbindung der Belegschaft und den Aufbau einer solidarischen Betriebskultur. Anstelle der traditionellen sozialpartnerschaftlichen Stellvertreterpolitik bedient man sich eines konfliktorientierten Organizing-Konzepts.
Über gemeinsame Anliegen werden so unterschiedliche Kolleg:innen betriebsweit zusammengebracht und Kommunikationsnetzwerke aufgebaut. Handlungsmöglichkeiten werden erkundet und das weitere Vorgehen geplant, um am Ende mit gemeinsamen Aktionen Druck auf das Gegenüber zu erzeugen. Dieser Ansatz führte nicht nur zu grundlegenden Verbesserungen für die Beschäftigten, sondern schuf die organisatorischen Strukturen, welche die Belegschaft dazu befähigen, auch in der aktuellen Auseinandersetzung offensiv agieren zu können.
Die so entstandenen Handlungsspielräume erlauben es den Beschäftigten ihren Arbeitskampf selbstbestimmt zu führen. Für die sozialdemokratischen Gewerkschaftsspitzen ist dies Chance und Kampfansage zugleich: Die Wiener Freizeitpädagog:innen weisen einen branchenuntypischen gewerkschaftlichen Organisierungsgrad von über 50 Prozent auf, während sie zugleich erfolgreich den sozialpartnerschaftlichen Burgfrieden in Frage stellen.
Paul Czermak ist Freizeitpädagoge und Vorsitzender des GLB-GPA