Steuerschonender Problemwolf

Leo Furtlehner über einen Austro-Oligarchen

29,25 Millionen US-Dollar (21,6 Mio., Euro) – ohne zusätzliche Optionen – verdiente Siegfried Wolf – von 2002 bis 2010 Co-CEO von Magna International mit Sitz in Aurora (Kanada) von 2007 bis 2011 (Standard, 21.1.2022).

Nach Änderung des Doppelsteuerabkommens mit der Schweiz – wo Wolf sein Einkommen schonend versteuert hatte – im Jahre 2007 verlangte die österreichische Finanzverwaltung elf Millionen Euro Steuer, weil Wolf seinen Wohnsitz in Weikersdorf (NÖ) hatte.

Weil „Österreich ein Rechtsstaat, gemildert um Beziehungen“ ist gelang es Wolf, der nicht nur beim Verkauf von Elektrobussen seiner Steyr Automotive – der früheren MAN – an die Wiener Linien, sondern offenbar auch in eigener Sache „übermäßig penetrant interveniert“ (OÖN, 30.12.2021) hat, gelang es ihm diese Steuerschuld auf sieben Millionen zu drücken.

Intensive Kooperation

Dazu schaltete Wolf Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium, ein. Ab Februar 2016 gab es eine „intensive externe Zusammenarbeit“ zwischen dem Kabinett und Wolfs Steuerberatern und „intensive interne Interventionen“ beim zuständigen Finanzamt Wiener Neustadt um eine „günstige Abhandlung des Abgabenverfahrens“ zu erreichen (Standard, 27.12.2021).

Im Juli 2016 berichtete Schmid dem damaligen Finanzminister Schelling, dass die „Zweierbande“ von Steuersektionschef und Großbetriebsprüfungschefin das widerspenstige Finanzamt auf Linie gebracht hätten. Im Oktober 2016 meldete Schmid per Chat an Schelling „Haben heute Einigung mit Sigi geschafft. Ich finde bei diesem Deal hat sich unsere Finanzverwaltung bewegt und beide Seiten sollten zufrieden sein.“ Und seinem skeptischen Kabinettsmitarbeiter K. teilte er mit: „Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP Kabinett! Du bist die Hure für die Reichen!“ (Standard, 22.12.2021).

Da störten nur noch die 680.000 Euro von der Finanz verlangten Zinsen, für welche Wolfs Steuerberater im April 2018 „Nachsicht“ wegen „Unbilligkeit“ beantragten. Wolf plauschte mit der Finanzamtschefin und sagte ihr Unterstützung bei einem Jobwechsel als Gegenleistung für eine Reduzierung seiner Einkommensteuer um 630.000 Euro zu.

Gottfried Schellmann, Lektor am FH Campus Wien, meint dazu: „Es ist besonders ärgerlich, wenn sich manche Leute einbilden, ihre Bedeutung wäre jene unmittelbar nach der Dreifaltigkeit und es stünden ihnen Privilegien zu, die den gewöhnlichen Steuerpflichtigen versagt sind“ (Standard, 21.1.2022).

Optimal vernetzt

Der Fall Wolf zeigt, dass das Netzwerk zwischen Kapital und Politik wie geschmiert läuft. Wer die richtigen Leute kennt kann es sich mit der Steuer richten, bekommt öffentliche Aufträge zugeschanzt oder sich bei Privatisierungen bedienen. Oligarchen gibt es also nicht nur in korruptionsgeschwängerten Staaten Osteuropas, wo sich die neue Kapitalistenklasse am schamlosen Raub von Volkseigentum bedient hat. Auch hierzulande stehen Namen wie Wolf, Mateschitz, Benko, Tojner, Androsch usw. für diese „Werte“.

Siegfried Wolf, von dem Stronach meinte, er wäre „ein guter Bundeskanzler“ (Presse 24.12.2021), hat bekanntlich in den Jahren als Adlatus seines Meisters ehemalige politische Größen in den Magna-Konzern geholt: Karl Heinz Grasser, Matthias Reichhold, Peter Westenthaler (alle FPÖ), Franz Schnabl, Andreas Rudas, Josef Kalina (alle SPÖ), Herbert Paierl (ÖVP).

Beispiel Eurofighter

Wie nützlich solche Connections für den Profit sind, zeigte sich etwa in der Causa Eurofighter: Konträr zu seinen vorherigen öffentlichen Präferenzen für den schwedischen Abfangjäger Saab-Gripen entschied der damalige Finanzminister Grasser für den Kauf der Eurofighter, nachdem Wolf den früheren Magna-Pressesprecher Grasser zu einem Besuch im Airbus-Werk in Manching animieren konnte. Ganz zufällig ist der Daimler-Konzern, einer der Eigentümer von Airbus, ein wichtiger Auftraggeber für Magna. So wäscht halt eine Hand die andere. Und als Gegenleistung für eine – letztlich nie zustande gekommene – Magna-Produktion in Kärnten erwarb Stronach für einen Spottpreis das Schloss Reifnitz und verkaufte es später an Wolf.

Schon vorzeitig streute Wolf dem aufsteigenden ÖVP-Star Sebastian Kurz Rosen: „Lasst die Jungen ran“ (Kleine Zeitung, Mai 2017) und wurde flugs wirtschaftspolitischer Berater des mittlerweile politisch verschiedenen Kanzlers. Man kann von Glück reden, dass Kurz’ Plan, Wolf zum Aufsichtsratschef der Staatsholding ÖBAG zu machen nicht aufging. Ob Wolf für die ÖVP gespendet hat – was er heftig dementiert – spielt dann wohl auch keine Rolle mehr. Auch für die Oligarchie wird nicht alles in Geld gemessen.

Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“

Foto: Ehrung des Landes Niederösterreich für Wolf (mit Sobotka und Mikl-Leitner)

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