Vom Geben und Nehmen

Leo Furtlehner über die Machenschaften von Novomatic.

Ex-FPÖ-Chef Straches Ibiza-Sager von 2017 „Novomatic zahlt alle“ ist richtungsweisend für die österreichische Politik. Im Untersuchungsausschuss wird deutlich, dass davon vor allem die ÖVP in ihrem Kernland Niederösterreich betroffen ist (Die Presse, 10.10.2020).

So sponserte der Glücksspielkonzern (5 Mrd. Euro Umsatz, 22.500 Beschäftigte, davon 3.100 in Österreich) sowohl das Alois-Mock-Institut als auch das Kammerorchester – beide dirigiert von Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP).

Sobotka ist überall

Dieser ist „zufällig“ auch Vorsitzender des U-Ausschusses und war Chef des ebenfalls von Novomatic gesponserten ÖAAB in Niederösterreich.

Freilich hat Novomatic – Eigentümer Johann Graf rangiert mit 5,75 Mrd. Euro auf Platz drei der TOP100 der reichsten Österreicher*innen (trend 26-28/2020) – seine „Segnungen“ trotz schwarzer Schlagseite stets politisch breit gestreut. So wird etwa auch der SPÖ-nahe Verein „Pro Niederösterreich“ (Präsident ist SPÖ-Landeschef Franz Schnabl) gesponsert. Ex-Innenminister Karl Schlögl saß von 2004 bis 2011 im Novomatic-Aufsichtsrat.

Kulturbeflissen

Vor allem gibt sich Novomatic kulturbeflissen und finanziert das Museum Gugging, das Cinema Paradiso, das Open-Air-Festival Stockerau, die Bühne Baden, die Römerstadt Carnuntum, das Schloss Weitra, die Wachaufestspiele, das Europaforum Wachau und den nö Kulturpreis. Auch für den Sport fällt mit der Lauf- und Nordic-Walk-Arena in Gumpoldskirchen und für den Admiral-NÖ-Meistercup was ab. Oder den FC Hellas Kagran, dessen Präsident der FPÖ-Politiker Martin Graf ist (Die Presse, 30.10.2020).

Nach dem Motto „Tue Gutes und lass es alle wissen“ inseriert der Glücksspielkonzern seit Jahren ganzseitig seine Wohltaten für Kultur, Sport und Soziales – wohl um zu verdrängen wie aus dem Leid von Glücksspielsüchtigen schnöder Mammon herausgepresst wird.

Als Ernest Kaltenegger, Ex-KPÖ-Klubobmann im steirischen Landtag, eine Kampagne gegen das Glücksspiel startete, wurde er umgehend von Novomatic mit „Angeboten“ bedacht, die er freilich strikt zurückwies.

Der Filz der ÖVP

Wie eng die Bindung an die ÖVP ist, beweist der Werdegang von Bernhard Krumpel: Zunächst Pressesprecher von Landesrat Sobotka, dann von Innenminister Ernst Strasser wechselte er zu Novomatic. Eine Großnichte von Graf – der Gatte ist „zufällig“ Chef des Novomatic-Aufsichtsrates – wechselte vom Stab Sobotkas zu Innenminister Nehammer (ÖVP).

2014 vergab Finanzminister Michael Spindelegger nach Intervention von LH Erwin Pröll eine Lizenz statt an die Casinos Austria an Novomatic. Das Bundesverwaltungsgericht hob die Entscheidung ein Jahr später auf.

Kampf um das Glücksspiel

Schon 2005 wurden Bewilligungen für Glücksspielautomaten recht freihändig „Wie telefonisch mit Herrn Dr. Wohlfahrt (damals Generaldirektor von Novomatic, d.Red.)“ vergeben und 2006 wurde das „Kleine Glücksspiel“ in Niederösterreich zugelassen.

Nach dem Verbot 2014 in Wien urgierte Novomatic-Boss Neumann „Wir benötigen Material, wie gut alles in NÖ ist und wie schlecht in Wien seit 2014“. So wäscht halt eine Hand die andere. Kein Wunder, wenn Sobotka genervt meint „Wie man mit Novomatic umgeht, ist irre“ (Die Presse, 15.10.2020)

Gewinne trotz Corona

Wer so viel gibt, darf auch kräftig nehmen: So nahm Novomatic selbstverständlich staatliche Corona-Mittel für Kurzarbeit in Anspruch. Was kein Hindernis war, aus dem Gewinn von 402,3 Mio. Euro von 2018/19 eine Dividende von 50 Mio. Euro auszuschütten. Und als Draufgabe werden jetzt 120 Beschäftigte am Standort Gumpoldskirchen gekündigt.

Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“

Foto: LINKS, links-wien.at

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