Besonders für Frauen wichtig

Stefanie Breinlinger zum Thema Mindestlohn

Geradezu großspurig verkündete ÖGB-Vorsitzender Katzian am 7. September 2022 vor den Herbst-KV- Runden das Ziel: kein KV-Abschluss unter 2.000 Euro brutto! Aufgrund der hohen Inflation erneuerte der ÖGB damit seine Mindestlohn-Forderung von 1.700 Euro von 2018.

Besonders für Frauen, die häufig in Niedriglohn-Branchen und Teilzeit arbeiten, hätte dies einen großen Fortschritt bedeutet. Leider folgten der Ankündigung keine Taten, wie ein entschlossenes koordiniertes branchenübergreifendes Vorgehen oder ernsthafte Kampfmaßnahmen. Schließlich erreichten bei den KV-Abschlüssen seit September nur fünf in allen Beschäftigungsgruppen die 2.000 Euro-Marke, wobei drei davon schon zuvor darüber waren.

So erreichen die Einstiegsgehälter im Handel selbst bei ausgebildeten Verkäufer*innen nicht das 2.000-Euro Ziel. Beschäftigte in Sozialvereinen, die nach Sozialwirtschaft Österreich-KV in den Verwendungsgruppen 1 und 2 eingestuft sind, müssen sich beispielsweise auch mit weniger zufrieden geben.

Kampfbereitschaft vorhanden

Gerade im Handel oder im Sozialbereich lagen jedoch Streikbeschlüsse vor, die Beschäftigten bewiesen ihre Kampfbereitschaft eindrucksvoll bei Betriebsversammlungen und öffentlichen Kundgebungen und wären schon in den Startlöchern zum Streik gewesen. Für viele war es nicht nachvollziehbar, dass die Gewerkschaft dann doch eine schnelle Einigung vorzog anstatt zu Streiks überzugehen.

Mögen KV-Verhandlungen auch nächtelang dauern, so haben die Lohnabhängigen nicht viel, wenn das Ergebnis einen deutlichen Kaufkraftverlust bedeutet. Zwar gibt es fast flächendeckend Kollektivverträge – wie der ÖGB nicht müde wird zu betonen – viele haben jedoch ein geringes Lohn- und Gehaltsniveau. Und das betrifft längst nicht nur klassische Niedriglohnbranchen wie die Reinigung und Gastronomie.

Marie Hasdensteufel (Momentum Institut) rechnet vor, für wie viele Lohnabhängige ein Mindestlohn von 2.000 Euro einen Einkommenszugewinn bringen würde: „Für 625.000 Beschäftigte würde das Gehalt dadurch teils deutlich steigen. Egal ob Vollzeit oder Teilzeit: Jede fünfte unselbstständig beschäftigte Frau verdient pro Stunde so wenig, dass sie selbst bei Vollzeit keine 2.000 Euro erreicht. Bei den Männern ist es jeder Neunte.“ (Stand November 2022)

Auch das Jahres-Median-Brutto-Einkommen im Jahr 2021 von 31.407 Euro bedeutet, dass die Hälfte aller Arbeitnehmer*innen – Sonderzahlungen eingerechnet – 2021 weniger als diesen Betrag verdienten. Das mittlere Jahreseinkommen von Frauen lag mit 24.309 Euro überhaupt deutlich darunter. Die Beschäftigten des untersten Einkommens-Viertel verdienten durchschnittlich nur knapp 15.000 Euro brutto im Jahr 2021. (Statistik Austria) Diese Zahlen verdeutlichen, dass es um das Einkommensniveau der Österreicher*innen schlecht steht.

Umso dringlicher erscheint eine gesetzliche Regelung eines Mindest-Einkommens, gerade auch für Lohnabhängige ohne KV-Absicherung. Ein Mindestlohn ließe sich auch in einem ersten Schritt mit einem General-Kollektivvertrag regeln, wie es bezüglich der Corona-Maßnahmen erfolgt ist. Die Einkommen können mit der Inflation, die letztes Jahr insgesamt neun Prozent und im Jänner 2023 über elf Prozent betragen hat, einfach nicht mehr mithalten.

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