Debatte über Wirtschaftspolitik und Teuerung

Ein Schwerpunkt der 10. Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich am 7. November 2023 war das Thema Industrie- und Wirtschaftspolitik, wozu Wifo-Chef Gabriel Felbermayr referierte.

AK-Präsident Andreas Stangl (FSG) betonte in seinem Bericht den hohen Wert der Arbeiterkammern im Vertrauensindex und bezeichnete die anhaltend hohe Teuerung als aktuellste Herausforderung sowie gute KV-Abschlüsse als wichtig auch in Hinblick auf die Sozialbeiträge. Stangl kritisierte die Angriffe von Vertretern der FPÖ und NEOS im Nationalrat auf die Arbeiterkammer. Er wies darauf hin, dass Oberösterreich Schlusslicht bei der Kinderbetreuung ist und dass 30 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen länger arbeiten wollen.

Felbermayr meinte, bei der Sicherung von Industriestandorten wie Steyr gehe es nicht um das ob, sondern um das wie und räumte ein, dass die Wirtschaftsforscher mit ihren Prognosen oft danebenliegen. In Bezug auf einen Wirtschaftsaufschwung für 2024 äußerte er sich skeptisch und sprach sich gegen Hilfen mit der Gießkanne aus. Als wichtige Maßnahmen nannte er Investitionen in Wohnbau und erneuerbare Energie, eine Mietpreisbremse, Schärfung des Wettbewerbsrechts, medienwirksame Preisvergleiche, flexiblere CO2-Bepreisung und Importzölle sowie Verhinderung von Spekulation. Zur KV-Politik sprach er sich für eine Laufzeit von maximal einem Jahr und Reduzierung der „rollierenden Inflation“ nach einer Übergangsphase auf drei statt zwölf Monaten aus.

In der Debatte trat GLB-Kammerrat Daniel Steiner mit einem vehementen Plädoyer dem seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober verstärkten Antisemitismus entgegen. Kanzler Nehammers Aussagen zu Junk-Food und gegen Gewerkschaften bezeichnete er als „Klassenkampf von oben“ und betonte die Stärkung von ÖGB und AK. Weiters kritisierte er den Zusammenbruch des Gesundheitswesens.

Die Vollversammlung behandelte 30 Anträge (sechs Gemeinsame, elf FSG, je vier FCG und FA, drei AUGE und zwei GLB). Die Resolution von AUGE und GLB für Anpassung des Schulstartgeldes wurde fand (bei Gegenstimme der FA) Zustimmung. Der GLB-Antrag für Aufwertung der Vollversammlung wurde dem Vorstand, die GLB-Resolution zur Wohnungslosenhilfe einem Ausschuss zugewiesen.

Abschließend wurde der Voranschlag 2024 im Umfang von 125,3 Mio. Euro beschlossen. Wichtigste Posten bei den Einnahmen ist die Kammerumlage mit 118,8 Mio. Euro, bei den Ausgaben der Personalaufwand mit 62,6 Mio. Euro.

Die Anträge des GLB im Wortlaut:

Antrag 1: Aufwertung der Arbeiterkammervollversammlung

Laut Paragraf 3 des Arbeiterkammergesetzes sind die Arbeiterkammern „Körperschaften des öffentlichen Rechts“ und die von den Mitgliedern gewählte Vollversammlung gilt als das wichtigste Gremium der Arbeiterkammern. Im Paragraf 52 ist folge dessen festgelegt „Die Vollversammlung tagt öffentlich“. Und im Paragraf 52, Absatz 6 wird zudem bestimmt „Das Protokoll ist nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung für alle Kammerzugehörigen zur Einsicht aufzulegen.“

Die Arbeiterkammer Oberösterreich leistet durch Presseaussendungen via APA-OTS eine deutlich intensivere zusammenfassende Berichterstattung über die Vollversammlungen als in anderen Bundesländern üblich, die jedoch kaum Niederschlag in der Berichterstattung der Medien findet. Diese Aussendungen finden sich großteils auch auf der Website der Arbeiterkammer, etwa zum Bericht des Präsidenten, die Ausführungen von Gastreferent:innen, zum Voranschlag bzw. Rechnungsabschluss und zum Abstimmungsverhalten, nicht aber über die Zusammenfassung der Diskussion und den Inhalt der beschlossenen Anträge.

Leider ist auch der Ergebnisbericht als Protokoll vergangener Vollversammlungen nicht auf der Website zu finden, obwohl dies der zeitgemäßen Auslegung des Paragraf 52, Absatz 6 im Zeitalter des Internets durch eine digitale Verfügbarkeit entsprechen würde. Und auch im sechsmal jährlich erscheinenden „AK-Report“, der an alle Haushalte in Oberösterreich geht, finden sich keine Kurzberichte über die Vollversammlungen.

Die 10. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich beauftragt daher den Vorstand Maßnahmen zur Aufwertung der Arbeiterkammervollversammlung und Transparenz deren Sitzungen zu beraten und beschließen, die insbesondere umfassen:
– Veröffentlichung aller OTS-Aussendungen zu den zweimal jährlich stattfindenden AK-Vollversammlungen auf der Website der AK
– Digitale Verfügbarkeit der Ergebnisberichte vergangener Vollversammlungen auf der AK-Website
– Kurzberichte über die Vollversammlung in der jeweils nach deren Stattfinden erscheinenden Ausgabe des „AK-Reports“
– Prüfung eines Livestream über den Ablauf der Vollversammlungen

Resolution 2: Ausbau der Wohnungslosenhilfe – Eine Notschlafstelle für jeden Bezirk in Oberösterreich

Wohnen ist ein zentrales Grundbedürfnis, das gerade in Krisenzeiten an Bedeutung gewinnt. Wohnraum muss für alle Menschen leistbar, dauerhaft und inklusiv sein.

Besonders jene, die am wenigsten haben, werden nun zusätzlich schwer von der Inflation getroffen und können ihre Mietkosten oft nicht mehr begleichen. Von Obdach- und Wohnungslosigkeit sind immer öfter Mitglieder der Arbeiterkammer betroffen.

Aufgabe der Wohnungslosenhilfe ist es, diese Menschen auf ihrem Weg aus der Wohnungslosigkeit oder prekären Wohnverhältnissen hin zu dauerhaft leistbarem Wohnen zu unterstützen. Zu den Leistungen der Wohnungslosenhilfe in Oberösterreich zählen: Delogierungsprävention, Notschlafstellen, sowie Tagesstruktur, Tageszentrum, Mobile Wohnbetreuung, Übergangswohnen und Wohnheime.

Während im Zentralraum verschiedene Angebote im Bereich der Wohnungslosenhilfe bestehen, ist der ländliche Bereich diesbezüglich eklatant unterversorgt. Dabei handelt es sich bei Wohnungslosigkeit keinesfalls um ein lediglich urbanes Armutsphänomen. Auch in den ländlichen Regionen explodieren die Wohn- und Lebenserhaltungskosten, folglich sind auch hier die Menschen von den genannten Problemen betroffen.

In Oberösterreich existieren aktuell fünf Notschlafstellen: Linz, Wels, Steyr, Braunau, Vöcklabruck. In 13 der 18 oberösterreichischen Bezirken gibt es für von Wohnungslosigkeit betroffenen Menschen keine Möglichkeit in dieser, für sie existenziellen Krise, in ihrer Region ein Dach über dem Kopf zu bekommen!

Eine weitere Möglichkeit dezentral und kostengünstig vor Ort Menschen, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind, zu unterstützen, bietet der international erfolgreiche Hilfs-Ansatz Housing-First, der auch in Oberösterreich bereits auf Projektebene zum Einsatz kommt. Bei diesem Ansatz erhalten obdach- und wohnungslose Menschen einen strukturierten Zugang zu einer leistbaren Wohnung mit eigenem Mietvertrag und werden – nach Wunsch – von Sozialarbeiter*innen von der Wohnungslosigkeit hinein in einen neuen Alltag in den eigenen vier Wänden begleitet.

Die 10. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich fordert daher die Landesregierung auf, im Sinne einer sozialräumlich angelegten Wohnungslosenhilfeplanung eine Notschlafstelle bzw. Notwohnmöglichkeiten für jeden Bezirk in Oberösterreich als zusätzliches Angebot für von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen zu schaffen.

Gemeinsame Resolution 1 von AUGE/UG und GLB: Anpassung des Schulstartgeld an rollierende Inflation!

Gemeinsam mit der Familienbeihilfe für den August wurde seitens der Bundesregierung ein Schulstartgeld für jedes Kind im Alter von sechs bis 15 Jahren ausgezahlt.

Im Zuge der Valorisierung der Sozialleistungen wurde auch das Schulstartgeld um 5,8 Prozent erhöht. Allerdings liegt dieser Wert weit unter der aktuellen Inflationsrate, die im August 2023 für die vergangenen zwölf Monate 9,71 Prozent betrug.

Unter Valorisierung versteht man im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Sachverhalten die Anpassung eines Wertes an die Teuerungsrate.

Das heißt die, von der Bundesregierung verkündete Erhöhung des Schulstartgelds ist, wenn man die Kaufkraft betrachtet, in Wirklichkeit eine Kürzung dieser Sozialleistung. Eine Wertsicherung findet jedenfalls nicht statt.

Durch die zu niedrige Inflationsanpassung wird der Kaufkraftverlust des Schulstartgeld in die Folgejahre mitgenommen. Angesichts der anhaltenden Belastungen, denen Familien in Österreich aufgrund der weit über dem EU-Schnitt liegenden Inflationsrate ausgesetzt sind, ist dieses Sparen am falschen Platz durch die Bundesregierung völlig unverständlich, unsozial und volkswirtschaftlich unverantwortlich.

Die 10. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich fordert daher die Bundesregierung auf, für die rückwirkende Anpassung des Schulstartgelds an die rollierende Inflation im Monat August 2023 von 9.71 Prozent zu sorgen.

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