Drei Jahre kein Widerstand möglich

Die Gehälter von 2.400 Flugbegleiter:innen und tausend Pilot:innen bei der Fluglinie AUA werden in drei Schritten ab April 2024 bis Ende 2026 um etwa 20 Prozent erhöht, die Gehälter der Kopilot:innen im Schnitt um weitere elf Prozent.

60 Prozent der AUA-Beschäftigten sind Mitglied der Gewerkschaft vida. Davon haben sich 84 Prozent an der Abstimmung beteiligt, wobei sich über 82 Prozent für die Annahme ausgesprochen haben. Erst der monatelange Kampf der Belegschaft hat dieses Ergebnis erzwungen.

Ausgangsforderung 40 Prozent

„Diese Verhandlungslösung bedeutet für das Bordpersonal der AUA eine deutliche Erhöhung der Gehälter über der Inflationsrate“, so Daniel Liebhart, Vorsitzender des Fachbereichs Luftfahrt in der Gewerkschaft. Die Inflation über die gesamte Laufzeit werde entsprechend der tatsächlichen Höhe ausgeglichen.

Natürlich entscheiden die Mitglieder der Gewerkschaft darüber, was sie für richtig halten. Aber man fragt sich schon, wie dieses Ergebnis eine so hohe Zustimmung erhalten konnte, gemessen an der Ausgangsforderung von bis zu 40 Prozent Gehaltserhöhung in diesem Jahr. Nun gibt es durchschnittlich sechs Prozent pro Jahr und zugleich einen Knebel-Vertrag: Drei Jahre lang kann nicht um eine Verbesserung gestreikt werden.

Profitabler Privatkonzern

Das Ziel der KV-Auseinandersetzung war die Angleichung der Gehälter an die des Mutterkonzerns Lufthansa. Die Gewerkschaft vida hatte mit Blick auf die äußerst positive Wirtschaftsentwicklung im vergangenen Jahr keine Luftschlösser gebaut. Dem Lufthansa-Konzern hatten die Beschäftigten 2,7 Mrd. Euro Gewinn erarbeitet. 40 Prozent davon wurden als Dividende ausschüttet.

Auch für die AUA hatte die Belegschaft einen Rekordgewinn von 127 Millionen Euro erarbeitet. Die AUA ist Teil der Lufthansa Group, einem privaten weltweit operierenden Luftfahrtkonzern mit insgesamt mehr als 300 Tochtergesellschaften und verbundenen Unternehmen.

Laut Homepage der Group stieg der Konzernumsatz im ersten Quartal 2024 um fünf Prozent auf 7,4 Mrd. Euro, die Zahl der Fluggäste auf 24 Mio. Im Sommer wird es 16 Prozent mehr Buchungen als im Vorjahr geben. Im Gesamtjahr 2024 wird ein bereinigtes EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, bei dem besondere Situationen und Einzelpositionen eliminiert wurden) von 2,2 Mrd. Euro erwartet

Zermürbungstaktik

Es hatte 20 Verhandlungsrunden gebraucht. Das Management hatte von Anfang an auf Zermürbung der Belegschaft gesetzt. Zuerst wurde behauptet, es gehe dem Unternehmen wirtschaftlich nicht gut – was den obigen Zahlen widerspricht. Dann, erst nach der achten Verhandlung, warf das Management einen Brocken von lediglich 4,5 Prozent Gehaltserhöhung hin.

Das hätte niemals die Teuerung ausgeglichen. Flugbegleiter:innen verdienten lediglich 1.700 Euro netto für einen sicherheitsrelevanten Schichtarbeiter:innen-Job. Dann folgten Mogelpackungen wie Einmalzahlungen und gewinnabhängige Bonuszahlungen bei hohen Margen. Das musste die Belegschaft zur Weißglut reizen und sie zu Betriebsversammlungen und Warnstreiks zwingen.

Hohe Margen sind nur zu erreichen, wenn die Belegschaft bei sich selber kürzt. Sie hatte in der Corona- Zeit schon auf Gehälter im Wert von 300 Mio. Euro verzichtet. Ebenso hatten die österreichischen Steuerzahler:innen dem Konzern 150 Mio. Euro zugeschossen.

Das Management setzte – statt auf Kooperation mit den Beschäftigten – auf die Kooperation mit der medialen Öffentlichkeit. Die Vorstandsvorsitzende, Frau Mann, drohte über die Medien, die Gewerkschaftsforderungen könnten daran schuld sein, dass die AUA in ihrer jetzigen Form keine Zukunft mehr haben könnte: „Wenn die Gewerkschaft derart hohe Abschlüsse mit Streiks durchsetzt, müssten wir uns anschauen, welche Strecken von anderen Airlines, die wir im Lufthansa-Konzern haben, kostengünstiger geflogen werden können.“ Das Übli- che also, Drohung mit dem Arbeitsplatzverlust.

Auch auf den Unmut der Fluggäste wurde gesetzt. Menschen, die beruflich auf’s Flugzeug angewiesen sind oder ihren Urlaub fliegend erreichen wollen, wurden durch die lang andauernden Verhandlungen zunehmend genervt.

Weg mit langen Laufzeiten!

So wäre ein Aufruf des gemeinsamen Widerstands der Lufthansa Fluglinien, der Fluggäste und der aktuell betroffenen Beschäftigten, ein Versuch gewesen, gegen die Profiteure des Konzerns eine Front zu bilden. Jedenfalls ein stärkeres Zeichen als ein Vertrag mit dreijähriger Laufzeit.

Was für ein fatales Zeichen des Nachgebens, nach so einem starken Kampf. Es steht der vida nicht gut an, als Vorreiterin für Kollektivverträge mit mehrjähriger Laufzeit zu agieren wie bei den Eisenbahnern und im Hotel- und Gaststättengewerbe mit je zwei Jahren, bei der SWÖ und jetzt der AUA, sprich Lufthansa, mit drei Jahren.

Anne Rieger ist Mitglied im erweiterten Bundesvorstand des GLB

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