Kämpfen gegen das aus

Paul Czermak über die Situation der Freizeitpädagog:innen

Freizeitpädagog:innen, angestellt bei Vereinen oder Unternehmen wie der Bildung im Mittelpunkt (BiM) in Wien, gestalten die schulische Freizeit- und Nachmittagsbetreuung in ganz Österreich.

Ihre Aufgabe besteht darin, durch künstlerische, sportliche, soziale und erlebnispädagogische Angebote, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwick- lung zu fördern.

Der Betriebsrat der BiM veröffentlichte am 22. Mai die vom Bildungsministerium geplante Novelle der Schulgesetze. Es folgten unzählige Aktionen und eine Streikwoche quer durch ganz Österreich mit einem ersten Erfolg: Am 29. Juni starteten offizielle Verhandlungen zwischen Gewerkschaft (GPA), Betriebsrät:innen und dem Bildungsministerium.

Qualitätsverlust

Die Regierung plant mit der Reform die gesetzliche Grundlage der Freizeitpädagogik zu streichen. Anstelle von Freizeitpädagog:innen sollen „Assistenzpädagogen“ (sic!) in der schulischen Nachmittagsbetreuung tätig sein. Darüber hinaus sollen jene „Assistenzpädagogen“ auch „zur Unterstützung im Unterricht“ sowie „zur Durchführung von Ergänzungsübungen“ eingesetzt werden, die freizeitpädagogische Betreuung rückt dabei in den Hintergrund. Die Regierung versucht den Lehrer:innen-Mangel durch die Entwertung der Freizeitpädagogik zu bekämpfen und opfert dafür eine qualitätsvolle Nachmittagsbetreuung.

Lohnraub und Personalkürzung

Mit der Überführung in den öffentlichen Dienst und dem dazu vom Bildungsministerium vorgesehenen neuen Gehaltsschema, würden Freizeitpädagog:innen bis zu 19 Prozent ihres aktuellen Gehalts verlieren. Gleichzeitig soll die bisherige Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen von zwei Semestern (60 ECTS) auf ein Semester (30 ECTS) gekürzt, und die Matura als Voraussetzung für den Beruf eingeführt werden. Der Großteil der Freizeitpädagog:innen wäre dadurch formal nicht mehr für ihre Arbeit qualifiziert.

Betriebsräte mobilisieren

In Wien beschloss die Belegschaft der BiM umgehend Kampfmaßnahmen. Durch Betriebsversammlungen im öffentlichen Raum und einer Demonstration mit über 2000 Freizeitpädagog:innen gelang ein Auftakt, der über die Grenzen Wiens hinaus Beachtung fand. Während Bildungsminister Polaschek im sicher geglaubten Niederösterreich nur unter lautstarkem Protest den geplanten Gesetzesentwurf vorstellen konnte, schlossen sich Belegschaften in der Steiermark, Kärnten und Salzburg den gewerkschaftlichen Maßnahmen an.

Vom 12. bis 16. Juni kam es im Zuge einer Aktionswoche quer durch Österreich zu Streiks und Aktionen, die in einer gemeinsamen Demonstration mit Lehrkräften, Schüler:innen und Elternorganisationen beim „Aktionstag Bildung“ gipfelten. Es folgte ein Einlenken der Regierung, die nun doch verhandeln will.

Heisser Herbst

Der Arbeitskampf der Freizeitpädagog:innen verdeutlicht, wie sehr Gewerkschaften von den kollektiven Handlungs- und Streikfähigkeiten der Beschäftigten abhängig sind. Denn letztendlich war es die Konfliktfähigkeit der Betriebsräte und Belegschaften, die das Bildungsministerium an den Verhandlungstisch zwangen. Dem Beispiel wollen nun auch die Pflichtschullehrer:innen der Initiative „Schule brennt“ folgen, die mit einer Petition den Streikbeschluss der Gewerkschaft GÖD für den Herbst fordern.

Paul Czermak ist Freizeitpädagoge und GLB-Aktivist in Wien

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