Kein Ersatz für gute Lohnpolitik

Leo Furtlehner über Mitarbeiterbeteiligungen

„Wenn nur der Fiskus gewinnt“ wird über mangelnde steuerliche Anreize für Mitarbeiterbeteiligungen bei Start-Ups geklagt (Die Presse, 28.6.2021). Im „Wettbewerb um die besten Köpfe“ gelte die Teilhabe am Unternehmenserfolg „als besonderer Leistungsanreiz, als Instrument zur Mitarbeiterbindung und als Element für den Vermögensaufbau“.

Wenn Beschäftigte Gesellschaftsanteile erhalten, ist das ein geldwerter Vorteil aus dem Dienstverhältnis. Zwar gäbe es dafür einen Freibetrag von 3.000 Euro im Jahr, jedoch nur, wenn dies allen oder bestimmten Gruppen der Beschäftigten gewährt wird und die Begünstigten ihre Anteile fünf Jahre halten, ansonsten droht eine Nachversteuerung.

Über die Betragsgrenze hinaus oder wenn nur einzelne Beschäftigte begünstigt werden, entsteht jedoch sofort Lohnsteuerpflicht auf Basis „der Höhe des Verkehrswerts abzüglich eines allfälligen Kaufpreises“. Entsteht gar um ein Start-Up ein Hype geht der fiktive Wert rasch in die Millionen und die Steuer für eine Beteiligung von ein paar Prozent könne gleich einen fünfstelligen Betrag ausmachen, so der Jammer.

Da haben es Beschäftigte in früher verstaatlichten Unternehmen einfacher. Im Zuge der Privatisierung wurden vielfach Mitarbeiterbeteiligungen eingerichtet, um Betriebsrat, Beschäftigte und Gewerkschaft zu besänftigen. Unter den TOP500 (trend, 26.6.2021) scheinen die OMV (0,4 Prozent), Telekom (Höhe unbekannt), Energie AG (0,05 Prozent), Kelag (0,91 Prozent), Steirische Sparkasse (1,42 Prozent), Erste Bank (0,91 Prozent) und Oberbank (4,2 Prozent) auf.

Spitzenreiter ist aber die voestalpine mit 14,8 Prozent Mitarbeiterbeteiligung. Finanziert wurde diese, indem die Prämie nicht ausbezahlt, sondern steuerfrei in die Mitarbeiterstiftung fließt. Bei Pensionierung können Mitarbeiteraktien nach einem Jahr Wartefrist verkauft werden, im Todesfall fallen sie in die Verlassenschaft. Die Dividende wird ausbezahlt oder in der Stiftung veranlagt.

Als Vater dieser Variante der Sozialpartnerschaft gilt Karl Leitl, Vater des früheren WKO-Präsidenten Christoph Leitl, der bereits 1953 in der „Bauhütte Leitl“ eine Erfolgsbeteiligung einführte. Mit der klaren Ansage, damit den „Einfluss des Kommunismus“ abzuwehren. Was bürgerliche Medien zur Lobpreisung „als Pionier und Visionär“ mit der „revolutionären Leitl-Mitarbeiterbeteiligung“ bewegte (Tips 22.8.2019).

Obwohl der Sozialpartnerschaft verpflichtet sind auch Gewerkschaften von diesem Modell nicht immer begeistert. So konstatierten die Gewerkschaften GPA und PRO-GE (damals GPA-DJP und GMTN) „Mitarbeiterbeteiligungen erreichen nur einen geringen Prozentsatz der Beschäftigten und entsprechen nicht dem, was Gewerkschaften unter solidarischer Lohn- und Gehaltspolitik verstehen“ (ÖGB-PD 515, 4.9.2007).

Ähnlich hatte der GLB bereits 2006 ein Resümee über solche Beteiligungen in ehemaligen Staatsbetrieben gezogen und festgestellt, dass damit „die SPÖ von ihrer politischen Verantwortung für diese Privatisierungen ablenken und deren Folgewirkungen abschwächen“ wollte. Dabei habe bereits der frühere Verstaatlichtenminister und ÖIAG-Chef Rudolf Streicher die Politik seiner Partei mit den Worten „Unser Katechismus ist das Aktienrecht“ sehr treffend auf den Punkt gebracht (GLB-Bundesleitung 25.3.2006)

Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“

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