Neofeudal unterwürfig

Leo Furtlehner über die Trauer um einen Oligarchen

Wieder einmal ist die Sonne vom Himmel gefallen und Österreich trauert. Diesmal um den Oligarchen Dietrich Mateschitz, der medial vom öffentlich-rechtlichen ORF abwärts als Wohltäter verklärt wird. Und wer sich gegen den Mainstream stellt, wird umgehend als empathielos geächtet.

Ganz austriakisch „So sind wir“ hat sich ein neuer Feudalismus breitgemacht. Die Bewunderung und Anbetung starker Männer gilt vielen wieder als zeitgemäß. Erschreckenderweise gebärden sich dabei auch solche, denen man kritisches Denken zugetraut hat, als besonders eifrig um die Leistungen des Konzernbosses, der seine Milliarden mit einem bedenklichen Gesöff – „Wasser, Zucker und ein paar belebende Substanzen – verpackt in Coolnessversprechen“ (Standard, 25.10.2022) – gemacht hat hochzuhalten.

Es ist bekannt, dass Milliardäre ihr Vermögen niemals durch eigene Leistung scheffeln, sondern durch Erbschaft, Raub von Volkseigentum, kriminelle Machenschaften – vor allem aber durch die Aneignung des Mehrwerts der ihnen unterworfenen Arbeitskräfte. Das gilt auch für Mateschitz, der mit 28 Mrd. Euro Privatvermögen als reichster Österreicher galt.

Als Gönner verehrt

Geradezu rührselig porträtiert Hans Peter Hasenöhrl den Patriarchen: „Grenzenlose Nächstenliebe macht wirklich reich. Nicht Millionen oder Milliarden“ heißt es da und „Ganz im Stillen hilft DM. Einzige Bedingung: Keiner darf etwas davon erzählen“ (Kronenzeitung, 30.10.2022). Und in Fuschl am See, dem Konzernsitz von Red Bull, heißt es überhaupt „Ein Segen für uns“.

Mit welchen Machenschaften Mateschitz zu seinen Milliarden gekommen ist wird vom Magazin „Dossier“ (2/2021) ausgiebig dargestellt und vieles dabei erinnert an die Mafia. In echt patriarchaler Manier wurden alle Störfaktoren brachial ausgemerzt. Als etwa die Belegschaft von Servus-TV einen Betriebsrat wählen wollte, drohte der Oligarch umgehend mit der Schließung des Senders. Belegschaft und Arbeiterkammer mussten zu Kreuze kriechen, denn längst selbstverständliche Demokratie hat es im Königsreich Mateschitz nicht zu geben.

Weil Milliardäre ihre Steuerzahlung auf das absolut nötige Minimum begrenzen und zudem nicht wissen, was sie mit ihrer Kohle machen sollen, neigen sie zu Expansionen und Abenteuern. Das gilt nicht nur für Elon Musk, sondern auch für Mateschitz. Darum wird er als großer Gönner von Ski- und Rennsport gefeiert, erwarb reihenweise Immobilien über sein Herkunftsland Steiermark hinaus.

Vor allem aber zeigte er sein autoritäres Sendungsbewusstsein mit seinem medialen Ableger Servus-TV, der sich als Leib- und Magen-Sender der Schwurblerszene profilierte. Dass der Großteil des Umsatzes des sogar vom ORF-Boss als „zweitgrößtes Medienhaus“ gewürdigten Unternehmens der Vermarktung des Dosen-Getränks diente, fiel dabei vornehm unter den Tisch.

Nun aber sorgt sich eine patriotische Meute von Politik und Medien darum, dass künftig nicht mehr Mateschitz, sondern die thailändischen Mehrheitseigentümer von Red Bull das Sagen haben und damit das Ende der Wohltäterei droht.

Mark Mateschitz als Erbe kann sich jedenfalls damit trösten, dass erben in Österreich steuerfrei ist. Wie hatte es doch der damalige SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer so schön auf den Punkt gebracht: „Tatsache ist, dass es von Mitte 2008 an in Österreich keine Erbschaftssteuer mehr gibt. Ich bitte Sie, das möglichst breit zu publizieren! (lacht)“ (Bildzeitung, 11.5.2007).

Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der Arbeit

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