Neoliberal getrimmt

Leo Furtlehner über das Börsespiel

Bereits zum 21. Mal richten die „OÖ Nachrichten“ gemeinsam mit der Raiffeisen Landesbank und der Wiener Börse ein „Börsespiel“ aus. Gestartet am 28. Jänner wurde bereits zwei Tage später gejubelt, dass sich mehr als 4.000 Personen mit einem fiktiven Startkapital von 50.000 Euro beteiligen und 145 Schulklassen dafür angemeldet sind (OÖN, 30.1.2023).

Die Finanzwelt erklärt die „Droge Finanzmarkt“ zum Opium des Volkes. Raiffeisen-Boss Heinrich Schaller verbreitet „Weisheiten“ wie „Auf Krisenzeiten folgen sehr gute Börsejahre“ (OÖN, 28.1.2023). Freilich abgesichert durch Aussagen wie „Wenn man genug Atem hat und sich das auch leisten kann“.

Schaller sieht das „Börsespiel“ als Beitrag zur Finanz- und Wirtschaftsbildung der Jugend, um die es „insgesamt schlecht“ bestellt ist. Wie wahr, tun doch Wirtschaft, Finanzwelt und Politik alles, um uns allen streng neoliberal von klein auf zu erklären, dass man sein Geld für sich arbeiten lassen und Banken und Börsen vertrauen solle.

Wirkliches Finanz- und Wirtschaftswissen würde hingegen bedeuten, die Jugend früh genug über das Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital, über Lohn, Preis und Profit aufklären. Damit die Menschen wissen, warum eine winzige Minderheit unermesslich reich, die große Mehrheit aber zunehmend armutsgefährdet ist. Damit nicht Umsatz mit Gewinn gleichgesetzt wird. Und dass Millionär*innen ihren Reichtum nicht aus unermüdlicher Arbeit schöpfen, sondern in der Regel durch leistungslose Erbschaft, durch Raub von Volkseigentum, durch kriminelle Machenschaften, vor allem aber aus dem Mehrwert der Lohnabhängigen in ihren Unternehmen.

Wenn Banken- und Börsehaie von Finanzwissen schwadronieren, meinen sie jedoch stets, wie man schon der Jugend eintrichtern kann, sich richtig im Minenfeld der Kapitalmärkte und Börsen zu bewegen. Auf eigene Gefahr natürlich, das versteht sich in der Hochrisikogesellschaft namens Kapitalismus doch wohl von selbst. Während täglich Medien berichten, wie leichtgläubigen Menschen von mit allen Wassern gewaschenen Kriminellen ihr bescheidenes Vermögen unter Vorspiegelung gigantischer Dividenden oder Gewinnen bei Glücksspielen an welchen sie gar nicht teilgenommen haben herausgelockt werden setzt man auf seriöse und zivilisierte Möglichkeiten an der Börse das große Geld zu machen.

Besonders widerlich ist bei diesem „Börsespiel“ allerdings, dass auch die Bildungsdirektion des Landes Oberösterreich und die Education Group – eine 100prozentige Tochterfirma der landeseigenen OÖ Landesholding – mitbeteiligt sind. Was zeigt, dass die aktuelle Politik mit aller Kraft daran arbeitet, die Menschen von klein auf ganz im neoliberalen Geiste zu trimmen und dafür Millionen an Steuer- geld verplempert.

Damit schließt sich der Kreis zum „Börsespiel“: Wenn Banken, Medien, Politik und „Expert*innen“ das Ziel darin sehen, die Menschen mit dem Finanzmarkt „vertraut“ zu machen, ihnen tagtäglich einhämmern, dass der „freie Wettbewerb“ ohnehin alles besser regelt als der vielgeschmähte Staat, dass die Finanzierung von Pensionen, Gesundheit etc. über Aktien besser wäre als über das als antiquiert abgestempelte Umlagensystem, dann steckt doch dahinter die Absicht den Menschen einzureden, sie hätten es in der Hand zum großen Geld zu kommen.

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