Politisches Kleingeld

Leo Furtlehner über „Empfehlungen“ der Rechnungshöfe

Lenin wird der Sager „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ zugeschrieben. Dieses Zitat wird quer durch die politische Landschaft verwendet, wenn es gerade opportun ist. Und zwar so inflationär, dass man am Wert von Kontrolle des Öfteren zweifeln muss.

Nun ist zweifellos Kontrolle für eine funktionierende Demokratie ebenso unerlässlich wie entsprechende Einrichtungen in Form von Kontrollausschüssen oder Rechnungshöfen. Leider hat sich aber eingebürgert deren Berichte als politisches Kleingeld zu missbrauchen, um der jeweils anderen Seite kräftig aufs Zeug zu flicken.

Fragwürdige „Ratschläge“

Kontrollberichte bringen Missstände an die Öffentlichkeit. Aber sie sind keine Gerichtsurteile, bestenfalls Ratschläge. Daher können politische Aspekte und soziale Anliegen dagegen sprechen. Was aber sind manche „Empfehlungen“ der Rechnungshöfe wert?

Etwa die jahrelange Forderung Spitalbetten abzubauen, der man löblicherweise nur sehr bedingt gefolgt ist, sonst hätten wir in der Corona-Krise Zustände wie in Italien gehabt.

Oder vor der Finanzkrise 2008 empfohlene Spekulationsgeschäfte Marke Swap zur Sanierung der Gemeindefinanzen, auf die etwa die Stadt Linz und andere Gemeinden eingegangen ist.

Schließlich die Bewertung der KTM-Motohall des ÖVP-Financiers Stefan Pierer – also einer Ausstellungshalle eines Konzerns – als förderungswürdiges Museum.

Oder die auf Initiative der Landtagsabgeordneten Ulrike Schwarz (Grüne) erfolgte Prüfung der Sozialvereine pro mente und EXIT-sozial durch den Landesrechnungshof (LRH), was auf massiven Druck auf das als zu teuer bewertete Personal hinauslief.

Anfang Mai 2020 legte der LRH einen Bericht zur Gebarung der Stadt Linz vor. Kein Wunder, dass sich ÖVP, FPÖ und NEOS wie die Geier auf diesen Bericht stürzen, um damit zu skandalisieren. Mit einer Anfrage im Landtag stochern aber auch die Grünen in der Finanzlage der Stadt Linz herum.

Gemeinsam mit ÖVP und NEOS hatten sich schon vorher die Linzer Grünen in einer „Aufdeckerallianz“ zur „Aktenaffäre“ stark gemacht: Infolge von Personalmangel als Ergebnis der Magistratsreform waren rund 3.000 Verwaltungsstrafen nicht erledigt worden oder verjährt. Die „Aufdeckung“ entsprach mit 855.000 Euro Kosten für Anwälte und Gerichte bei einem Schaden von 382.000 Euro dem berühmten „Hornberger Schießen“. Die politische Verantwortung hätte man billiger feststellen können.

Elefant im Porzellanladen

Mit der Vorlage seines Berichts zur Linzer Finanzlage ausgerechnet am Höhepunkt von Corona agiert der LRH wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen. In Corona-Zeiten aber nicht als Baby, sondern als ausgewachsener Elefant. Während im Bund schwarz-grün und im Land schwarz-blau ihre Budgets zur Makulatur erklären müssen, drängt der LRH die Stadt Linz völlig konträr die obsolet gewordenen Maastricht-Kriterien einzuhalten. Wer so hartnäckig an rein fiskalischen Kriterien festhält erweist sich nicht nur eisern einer neoliberalen Politik verschworen, sondern auch als Erbsenzähler im Elfenbeinturm.

Es ist hinlänglich bekannt und wird bei jeder Budgetdebatte angeführt, dass das Land Oberösterreich sein Budget durch Ausplünderung der Gemeinden und vor allem der Landeshauptstadt saniert. Stichworte dazu sind der Vorwegabzug beim Finanzausgleich, die überdurchschnittlichen Anteile von Linz bei Landesumlage und Sprengelbeitrag und die Benachteiligung bei den Bedarfszuweisungen.

Der LRH macht in seinem Bericht 30 Empfehlungen, aber keine einzige davon ist dieser Ausplünderung geschuldet. Diese wird offenbar als gottgegeben angenommen, wobei Landeshauptmann Stelzer als Finanzreferent wohl als Gott der Finanzen betrachtet wird.

Sozialer Kahlschlag als Rezept?

Was aber empfiehlt der LRH der Stadt? Durchforstung des Leistungsangebotes im Sozialbereich, Prüfung von Aktivpass, Umweltticket, Kindereinrichtungen, Essensbeiträgen und Tarifen für Kinderbetreuung, also sozialen Kahlschlag. Warum nicht bei der Wirtschaftsförderung, etwa Krone-Fest, Weihnachtsbeleuchtung, City Ring oder bei den millionenschweren Beteiligungen am Westring oder der A7-Abfahrt?

Die Stadt Linz hat bereits in den letzten Jahren massive Einsparungen und Maßnahmen zur Budgetsanierung vorgenommen, Stichworte dafür sind Magistratsreform, Belastungspaket des Stadtsenats, Bildung der Linz Holding, Übertragung des AKH an die KUK, Ausstieg aus dem Theatervertrag, Verkauf der Stadtwohnungen an die GWG und Grundstücksverkäufe.

Die KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn hat dagegen berechtigte Einwände erhoben, weil letztlich die Finanzprobleme der Stadt damit nicht gelöst werden, hingegen der politische Spielraum immer enger wird und soziale Belastungen erfolgen.

Im Gegensatz zur Sicht des LRH hat die Stadt nämlich nicht ein Ausgaben- sondern vielmehr ein Einnahmenproblem. Die Schlussfolgerung daraus ist eine grundlegende Reform des Finanzausgleichs auf Bundes- wie auf Landesebene.

Bleibt zum Schluss nur die Frage: Warum setzt sich die Linzer ÖVP nicht bei ihrem Landeshauptmann für eine finanzielle Entlastung der Stadt Linz durch das Land ein? Oder ist die angebliche Sorge um die Finanzen der Stadt doch nur Heuchelei und Demagogie und geht es nur um medialen Theaterdonner?

Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“

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