Übern Tisch zog´n…

Josef Stingl zur Verlängerung der Kurzarbeit

…wird oft als Kurzanalyse zur Bewertung der Handlungsweise der kleinen Verhandlungspartner*in benutzt.

So auch von der SPÖ gegenüber den Grünen wegen deren Zustimmung zur abermaligen, dreimonatigen Verschiebung der Angleichung der Kündigungsfristen von Arbeiter*innen und Angestellten. Die grüne Drumherum-Rechtfertigungen seien nur fadenscheiniges Herausgerede.

In der Parlamentsdebatte fragte Rainer Wimmer (Nationalrat, PRO-GE- und FSG-Vorsitzender) den grünen Sozialsprecher Markus Koza, ob er da noch in den Spiegel schauen könne. Dieser nicht mundfaul konterte wütend, dass es die SPÖ war, die aufgrund einer sozialpartnerschaftlichen Einigung im Jänner dagegen war und der lauteste Protest der FSG ein Schweigen war.

Meint er, dass es sich da um ein Paradoxon des „über Tisch ziehen lassen“ der mitgliedermäßig weit größeren Verhandlungspartner*innen ÖGB und AK handelt?

Anderer Schauplatz, gleiches Schauspiel

Die Sozialpartner*innen haben sich auch bei der Kurzarbeit geeinigt. Mit Juli werden zwei Modelle nebeneinander angeboten. Diese Neuregelung wurde jetzt zeitgleich mit der Kündigungsfrist-Angleichungsverschiebung im Parlament beschlossen.

Für die besonders betroffenen Branchen, die weiter unter pandemiebedingten Schließungen oder Lockdown-Maßnahmen fallen und mindestens 50 Prozent Umsatzausfall haben, gelten bis Jahresende im Wesentlichen dieselben Bedingungen wie bisher, dass die Arbeitszeit bis auf null Prozent sinken kann und der Lohnausgleich bei 80 bis 90 Prozent des früheren Nettolohns liegt.

Das zweite Modell der „regulären Kurzarbeit“ gilt für die anderen Branchen, die weniger betroffen sind. Es gilt ein Übergangsmodell mit reduzierter Förderhöhe. Es gilt eine 50-prozentige Mindestarbeitszeit, die Nettoersatzraten für die Arbeitnehmer bleiben allerdings gleich.

Abschlag 15 Prozent

Von der bisherigen Beihilfenhöhe ist ein Abschlag von 15 Prozent vorgesehen, den die Unternehmer*innen tragen müssen.

Dafür bekommen sie „das Zuckerl eines verpflichtenden Urlaubsabbaus in produktivschwachen Zeiten und die Möglichkeit zwischen zwei Kurzarbeitsphasen zum Personalabbau, allerdings nur mit Zustimmung der Sozialpartner*innen.

Nettoersatzrate versus Zwangsurlaub?

Die Nettoersatzraten bleiben zwar, aber der Zwangsurlaubsabbau ist ein Angriff auf das Urlaubsgesetz, dessen Sinn im Erholungswert von der Arbeit besteht.

Die Parlamentskorrespondenz beweist es: Mit einem Abänderungsantrag ergänzten die Koalitionsfraktionen, dass (…) die Möglichkeit, vom Urlaubsgesetz abweichende Regelungen zu treffen, um Urlaubsansprüche aliquot zu verbrauchen, Ende Juni 2022 wieder außer Kraft treten.“

AK-Präsidentin Renate Anderl bezeichnet die Regelung für „gelungen, gut und für beide Seiten sehr wichtig“ und ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sieht für „möglichst viele Arbeitnehmer*innen möglichst lange ihren Arbeitsplatz gesichert“.

Aber weder von der AK-Präsidentin noch vom ÖGB-Präsidenten nicht einmal ein Nebensatz zu den Zwangsurlaubsmaßnahmen. Auch auf den Homepage-Seiten bei Arbeitnehmer*innen-Interessensvertretungen ist dazu nichts zu finden.

Ein Wermutstropfen?

Ein „Kommunikations- und Verständnisfehler“ wie damals nach Abschluss des Generalkollektivvertrages zur „Maskenpause“, die sich danach auf alles andere als Pause von der Arbeit herausstellte.

Oder aber, wurden wieder einmal die großen Sozialpartner*innen ÖGB und AK von den mitgliedermäßig kleineren „Wirtschaftsfüchsen“ mit diesen „Wermutstropfen“ für den Erhalt der Nettoersatzraten über den Tisch gezogen?

Sujet: ÖGB

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