Wem nutzt eine Automatik?

ÖVP-Ministerin Raab drängt: Frauen erhalten im Schnitt 41 Prozent weniger Pension als Männer. Das will die Regierung ändern. Frau freut sich! Denn 2022 bekamen Frauen durchschnittlich 1.313 Euro brutto Alterspension 14mal im Jahr, Männer hingegen 2.229 Euro.

Nur, die Freude kommt zu früh! Weder sollen die zu niedrigen Einkommen – Ursache geringer Pensionen – noch die Frauenpensionen selber erhöht werden. Eine (gesetzliche) Erhöhung des Mindestlohn und eine Reichen- oder Erbschaftsteuer zur Lösung des Problems wäre ein kleiner Schritt zur Umverteilung von oben nach unten? Davon hält Frau Raab nichts.

Wer also soll zahlen? Der Ehemann bzw. Partner über eine Pensionsgutschrift. Umverteilung in der Partnerschaft ist mit dem Zauberwort Pensionssplitting angesagt – und das am liebsten automatisch. Wie funktioniert’s? Der besser verdienende überträgt dem weniger verdienenden Elternteil einen Teil seiner Gutschrift vom Pensionskonto. Der Grund? Die Frau übernimmt die Kinderbetreuung und -erziehung und ist deswegen nicht oder nur gering erwerbstätig.

In wohlhabenden Verbindungen mag das gewünscht sein, einkommensschwachen Familien aber bringt es finanziell nichts. Es kann sogar zu geringerem Familieneinkommen führen. Denn wer durch familieninterne Umverteilung nicht über die Ausgleichszulage (derzeit 1.217,96 Euro) kommt, hat vom Splitting nichts, weil die Pension ohnehin auf dieses Niveau aufgestockt wird. Ein Elternteil hat dann umsonst einen Teil seiner Ansprüche abgezwackt, für Paare mit gemeinsamer Kasse ein Nachteil.

Das Konzept „Halbe-Halbe“ gibt es seit 2005 auf freiwilliger Basis. Die ÖVP will dies verpflichtend. Warum die Grünen dem zugestimmt haben ist rätselhaft. Das Splitting ersetzt keine vollwertigen Arbeitsplätze, reduziert aber die Pension eines Elternteils. Das gemeinsame Pensionseinkommen erhöht sich in der Regel nicht. Und Alleinerzieher:innen bleiben mangels Partner sowieso auf der Strecke.

Die Medien werben dafür. Jede neue Generation junger Frauen soll übers Ohr gehauen werden. Mit einem Opting-Out sollen Partner sich aus dem Modell raus „wählen“ dürfen – einmalig. Aber wer weiß schon mit zwanzig oder dreißig, wie die Arbeits- und Ehewelt in zwanzig Jahren aussehen wird?

Alle Frauen – und um die geht es bei den geschlechts-üblichen ungleichen Einkommen – werden auf die Mutterrolle festgezurrt. Über die Ursache der Teilzeitfalle, fehlende Betreuungsangebote, damit beide Eltern Vollzeit arbeiten können, über die ungleichen Lohnverhältnisse – will die Regierung nicht reden. Auch nicht über die unbezahlte, unsichtbare Care-Arbeit der Frauen. Sie bleiben im Dunklen, hinter dem Vorhang der Mutterliebe. Vergessen wird, dass Männer das alles genauso gut könnten.

Wem nutzt’s? Der Regierung und den Dienstgebern. Was wären Lösungsansätze? Höhere Versicherungsbeiträge der Dienstgeber, Reichen- und Vermögenssteuern, flächendeckend bezahlbare qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, kürzere Vollzeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Und natürlich höhere Einkommen, besonders in traditionellen Frauenberufen! Und eine gesellschaftliche Diskussion!

Anne Rieger ist Mitglied im erweiterten Bundesvorstand des GLB

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