Zuspitzung der Arbeitskämpfe

Stefanie Breinlinger über aktuelle Streikbewegungen

Am 13. März rief die deutsche Dienstleistungsgewerkschaft ver.di das Flughafenpersonal zum Warnstreik auf. An den Flughäfen Hamburg, Bremen, Hannover und Berlin wurden hunderte Flüge abgesagt, zehntausende Flugreisende waren von Verspätungen und Ausfällen betroffen.

Ziel war bei den Tarifverhandlungen gute Ergebnisse für die Beschäftigten in der Luftsicherheit und im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen zu erringen. Gleichzeitig fordert Verdi für 2,5 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG fordert für 180.000 Beschäftigte zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro mehr pro Monat – der letzte Abschluss betrug nur magere 1,5 Prozent.

Die EVG lehnte das erste „Angebot“ der Deutschen Bahn (DB) über fünf Prozent bei einer Laufzeit von 27 Monaten ab. Neben der DB verhandelt die EVG für Beschäftigte in 50 Eisenbahn- und Verkehrsunternehmen.

Schulterschluss legt Verkehr lahm

EVG und Verdi verbanden ihren Arbeitskampf und riefen ihre Beschäftigten ab 26. März zum gemeinsamen bundesweiten Warnstreik im Nah- und Fernverkehr und wichtiger öffentlicher Infrastruktur auf. Rund 355.000 beteiligten sich – der Arbeitskampf umfasste ganztägig den Nah- und Fernverkehr der Kommunen und der Bahn inklusive deren Busse, Flughäfen, sowie die Autobahngesellschaft, was zu Tunnelsperren und Beeinträchtigung von Bau- stellen und Baustelleneinrichtungen führte.

Da auch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung streikte, waren auch Wasserstraßen, bewegliche Brücken und Häfen betroffen. Der Warnstreik beeinträchtigte den Verkehr und Warentransport erheblich, obwohl die meisten Bundesländer mit der Aufhebung des Sonntagsfahrverbots für LKWs gegensteuerten. Viele Beschäftigte stellten sich auf den Streik ein und machten Home-Office, das prophezeite Chaos blieb auf den Autobahnen aus.

Größter Streik seit 1992

Laut ver.di-Chef Frank Werneke war es der größte Streik seit 1992. Zuvor versuchten Kapitalvertreter Panik zu verbreiten und den Arbeitskampf zu diskreditieren. Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, drohte: „Wer so unverhältnismäßig handelt, gefährdet die Akzeptanz für das Streikrecht“ (Junge Welt, 25.3.2023).

Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes kündigte ver.di auch Streiks in Kitas und Krankenhäusern an. Dazu kommt es vorerst nicht – nach dem Scheitern der dritten Verhandlungsrunde rief die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) die Schlichtungsstelle an, es ist bis zur Entscheidung eine sogenannte Friedenspflicht verordnet.

Die Verbindung verschiedener Arbeitskämpfe könnten sich ÖGB und Gewerkschaften in Österreich in Erinnerung rufen – ist doch die gewerkschaftliche Zuständigkeit etwa im Sozial- und Gesundheitsbereich sehr zersplittert. Eine branchenübergreifende Vorgangsweise wäre ein machtvolles Instrument.

Erfolg für AUA-Personal

Die Gewerkschaft vida führte mit dem Betriebsrat Bord der AUA KV-Verhandlungen für das Bord-Personal und die Pilot*innen. Sie wollten dem AUA-Management Nachbesserungen des Abschlusses vom Oktober 2022 abringen. Es ging um die Beteiligung der Beschäftigten am guten Betriebsergebnis und einen wirksamen Teuerungsausgleich.

Daniel Liebhart (Fachbereichs Luftfahrt bei vida) betont, dass das Bord- Personal während der Corona-Pandemie mittels Gehaltsverzicht von 1,5 Monatsgehältern den Konzern finanziell gestützt hat – und das bei einem Grundgehalt von nur 1.850 Euro. Die Beschäftigten stellten somit den größten Geldgeber dar, während an die abgehobenen Führungskräfte schamlos Boni verteilt wurden sowie erneut Prämien bis zu einem Jahresgehalt geplant sind. Der Staatskredit konnte auch schon zurückgezahlt werden.

Bereits zehn Verhandlungsrunden waren ohne Ergebnis verstrichen, als am 7. März ein Warnstreik stattfand, es fielen 40 Flüge aus. Auf einer weiteren Betriebsversammlung am 28. März lehnten die 1.200 Teilnehmer*innen das Angebot des AUA-Managements ab und stellten einen weiteren Streik in Aussicht. Es kam zu Verspätungen und 102 Flugausfällen.

Der hartnäckige Einsatz lohnte sich: Das Ergebnis sind elf Prozent mehr Gehalt auf KV- und Ist-Gehälter, was rückwirkend mit 1. Jänner 2023 ein Einstiegsgehalt von 2.000 Euro bzw. von 2.060 Euro brutto ab dem dritten Dienstjahr bedeutet. Der Abschluss entspricht somit gerade dem ÖGB-Ziel von 2.000 Euro Mindestgehalt. Der Konzern übernimmt auch wieder die Kosten für die Reinigung der Uniformen. Teil der Verhandlungslösung ist zudem, das Sparpaket rückwirkend mit 1. Jänner 2023 zu beenden. Die Höhe einer steuerfreien Prämie für 2023 wird noch verhandelt.

Stefanie Breinlinger ist Sozialarbeiterin bei FAB Linz und GLB-Landesvorsitzende OÖ

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert