Kampf bis zum Streik

Patrick Kaiser über den „heißen Herbst“ 2023

Durch die profitgetriebenen Preissteigerungen erleiden breite Teile der Bevölkerung inzwischen Reallohnverluste. Dies bringt für die Beschäftigten Einbußen bei der Lebensqualität bis zur Armutsgefährdung im Niedriglohnsektor. Es ist für die Gewerkschaften an der Zeit, endlich auch rückwirkend gemeinsam echte Lohnsteigerungen zu erkämpfen!

In diversen Kollektivvertragsverhandlungen sind Forderungen nach der rollierenden Inflation (aktuell 9,2 Prozent) plus ein wenig mehr normal. Allerdings brauchen wir viel mehr, um die Gehaltseinbußen der letzten Jahre wieder halbwegs auszugleichen.

Dabei hat nicht nur die PRO-GE und GPA bei den Metallerverhandlungen die Sozialpartnerschaft scheinbar herausgefordert, indem sie mehr als nur eine Bettelerhöhung gefordert haben, selbst wenn es sogar von Unternehmerseite Verwunderung über die moderate Forderung gegeben hat. Auch der extrem unterbezahlte Handel will deutlich mehr für die Beschäftigten (aktuell elf Prozent). Die Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) fordert für die Beschäftigten im privaten Sozial- und Gesundheitsbereich inzwischen 15 Prozent und damit einen halbwegs akzeptablen Ausgleich für die bereits bestehenden Reallohnverluste.

Die Gewerkschaften zeigen sich also zumindest ein bisschen kämpferisch, und das ist gut so. Demgegenüber stehen Angebote der Arbeitgeberseite, die auf keinen Fall akzeptabel sind. Die vielgelobte Sozialpartnerschaft ist angeknackst, es dominiert ein Klassenkampf von oben nach unten. An den Ergebnissen der Verhandlungen werden sich die Gewerkschaften messen müssen, klotzen, nicht kleckern ist angesagt!

Einmalzahlungen sind nicht akzeptabel und nachhaltig

Enorme Gewinne sowie Gewinnausschüttungen der Unternehmen und daraus folgende Preissteigerungen (auch laut ÖNB) haben die explodierende Inflation maßgeblich mitgeprägt. Es gibt eine Profit-Preisspirale. Nun geht es bei den KV-Verhandlungen darum, zumindest rückwirkend für die Menschen, die diese Gewinne erarbeiten, Geld dauerhaft zurückzufordern. Angebotene Einmalzahlungen sind weder pensionswirksam noch über die weitere Lohnarbeitslaufbahn nachhaltig.

Klassenkampf von oben, Forderungen von unten

Die Arbeitgeberseite ist auf Widerstand gebürstet, und geht auf die Forderungen – wenn überhaupt – nur mit lächerlichen Gegenangeboten ein. In den Medien wird Lohnzurückhaltung und Rezession propagiert. Der Klassenkampf passiert von oben, Reallohnverluste sollen durch Ablehnung zumindest der Inflationsabgeltung institutionalisiert werden.

Die Gewerkschaften reagieren mit Betriebsversammlungen und damit einer ersten Vorstufe zum Streik. Das ist gut so, muss aber wirklich durchgezogen werden. Eine Ausschöpfung der Kampfmittel der Beschäftigten bis hin zum wirklichen Streik ist notwendig. Wenn jetzt Schwäche gezeigt wird, und auf faule Kompromisse eingegangen wird, werden fortschrittliche Forderungen nie mehr verwirklicht werden können.

Unsere Forderungen gehen weiter

Wir stehen sowieso für Forderungen von unten: Für Fixbeträge, die vor allem geringeren Einkommen helfen. Eine allgemeine Erhöhung der Löhne um 750 Euro brutto monatlich würde zum Beispiel die Gehaltsschere im Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich enorm verringern. Dafür argumentieren wir auch im Verhandlungsteam, wo der GLB vertreten ist. Außerdem müssen die Ist-Löhne und nicht nur die KV-Mindestlöhne dementsprechend erhöht werden. Dies alles gilt für den Handel, den Metallerbereich, den SWÖ etc.

Zudem wird eines vergessen: Außerhalb von Betriebsversammlungen und streikähnlichen Kundgebungen in der Privatwirtschaft wird im öffentlichen Dienst unter Ausschluss der Basisvertretung mittels veralteter Ausschüsse verhandelt. Dabei geht es um wichtige Dienste der Daseinsvorsorge wie die Bediensteten in öffentlichen Spitälern, Rettungsdienst, Pflegeheimen etc. Dies ist anachronistisch, es braucht eine neue Verhandlungskultur, damit dort neue Initiativen für Verbesserungen auch in diesen Bereichen erreicht werden können. Diese können sich dann vielleicht auch positiv auf die privaten Bereiche der Lohnarbeit auswirken.

Wir wollen mehr und sind kämpferisch!

Wir werden diese Entwicklungen nicht nur aktivistisch, durch mit uns verbundenen Betriebsräten, sondern auch durch einen Antrag in der AK-Vollversammlung Wien vertreten, in dem wir volle Unterstützung für alle betrieblichen Kampfmaßnahmen der Beschäftigten fordern! Notfalls muss eine Urabstimmung über Verhandlungsergebnisse sowie Lohnabschlüsse und darauf aufbauende weitere Arbeitskampfmaßnahmen folgen. Nur so kann gewerkschaftliche Interessenspolitik auch von und für die Basis weiter bestehen!

Zudem fordern wir unter anderem:
– Einen gesetzlichen Mindestlohn von 2.400 Euro nach Abzug von Steuern
– Überstunden ab der ersten Stunde nach der Wochenverpflichtung als solche verrechnen
– Und sowieso: Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich

Glück auf! Gemeinsam kämpfen, gemeinsam verändern!

Patrick Kaiser ist Landesvorsitzender des GLB-Wien, Arbeiterkammerrat in Wien und Personalvertreter im WiGeV (Klinikum Floridsdorf)

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