Wundersame Gewinne

Normalerweise hat unsereins wenig mit Zinsen und Zinspolitik zu tun. In Zeiten wie diesen, wo die Jahresinflation für 2023 mit 7,3 Prozent ausgewiesen wird und demgegenüber ein Blick aufs Sparbuch Null Komma X Zinsen anzeigt, steigt allerdings der Blutdruck enorm. Wie kann es sein, dass die Ersparnisse fast zur Gänze der Teuerung zum Opfer fallen, also im Ausmaß der Teuerung real abschmelzen?

Beim Euro ist die Europäische Zentralbank (EZB) für die Zinspolitik verantwortlich. Allerdings werden nicht alle Zinsen, die Banken ihren Kunden verrechnen, von der EZB bestimmt. Diese legt lediglich eine Leitzins fest, zu dem die Banken Ausleihungen und Einlagen bei der EZB tätigen können. Dieser beträgt derzeit 4,5 Prozent, nachdem die EZB über viele Jahre eine Nullzinspolitik betrieb. Solange diese anhielt, reduzierten die Banken ihre Kundeneinlagen trotz Gewinnen aus dem Kreditgeschäft ebenfalls auf fast Null und Sparende schauten durch die Finger.

Die drastische Anhebung des Leitzinssatzes ist der orthodoxen Mainstream-Ökonomie geschuldet, die vorgibt, die Inflation durch hohe Zinsen zu bekämpfen. Tatsächlich hält sie aber die Banken zur Beschränkung der Kreditvergabe an, die damit verbundene Einschränkung der Geschäftstätigkeit Beschäftigung reduziert und damit die Nachfrage auf Kosten der Lohnabhängigen einschränkt in der Hoffnung, dass danach die Preise sinken. Dieses Brechmittel funktioniert allerdings gegen die energiepreisgetriebene Inflation keineswegs und nebenbei geht die Inflation profitgetrieben, wie wir in den vergangenen Jahren erfahren durften, munter weiter.

Tribut der Gesellschaft

Nun können die Banken ihre Gelder zu 4,5 Prozent bei der EZB parken oder anlegen und schöpfen daraus dramatisch hohe Gewinne. Dazu kommen die Kreditzinsen der Banken, die natürlich sofort angehoben wurden und die Profite weiter erhöhen. Schließlich verhielten sich die Banken auch als Trittbrettfahrer der Inflation und erhöhten die Bankgebühren weit über die Inflationsrate und verschafften sich so das Sahnehäubchen auf die Profite.

Während also die Einlagezinsen bei der EZB und Kreditzinsen der Banken sprunghaft anstiegen, blieben die Einlagezinsen der breiten Masse der Sparer zunächst fast unverändert und zogen erst zeitverzögert etwas an, kommen aber über 2,5 bis 3 Prozent bei entsprechend langer Bindungsdauer nicht hinaus.

Experten der Arbeiterkammer errechneten, dass die österreichischen Banken im Vorjahr allein durch die Zinsen der EZB 2,5 Milliarden verdienten, während sie an ihre Kunden, die privaten Haushalte, lediglich 385 Millionen Euro auszahlten. So zahlen die Bankkunden doppelt: Einerseits durch höhere Kreditzinsen und andererseits durch die Entwertung der Spareinlagen.

Das Jahresergebnis der Banken ist bereits 2022 auf unerhörte zehn Milliarden Euro gestiegen, für 2023 ist kaum ein geringeres Profitvolumen anzunehmen. Diese Profite sind ein Tribut der Sparenden und der gesamten Gesellschaft an die Banken. Deshalb ist ein Eingriff der öffentlichen Hand in dieses System unbedingt notwendig.

Michael Graber ist Volkswirt und Bundesobmann des Zentralverbandes der Pensionist:innen

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